Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

 Akademischer Senat

  

Erklärung des Akademischen Senates der Martin-Luther-Universität zum Entwurf eines Gesetzes  zur Änderung der Hochschulstruktur des Landes Sachsen-Anhalt (4. Hochschulstrukturgesetz) und zur Neufassung des

Hochschulgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt (HSG LSA)

am 17. Dezember 2003

 

Die Universität spricht sich angesichts der Tragweite und des Umfanges der gesetzlichen Änderungen strikt gegen eine übereilte Inkraftsetzung der Gesetze aus.

Die beiden Reformgesetze sollten nicht in einem Verfahren, sondern in zwei Schritten mit ausreichendem zeitlichen Abstand beraten und beschlossen werden, damit die Auswirkungen der Strukturreform bei der Entscheidung über die organisatorischen Strukturen der Hochschulen hinreichend berücksichtigt werden können.

Im einzelnen stellt der Akademische Senat fest:

1.      Der Entwurf eines „4. Gesetzes zur Änderung der Hochschulstruktur“ entspricht nicht den Anforderungen an eine rationale und transparente Hochschulplanung und wird deshalb abgelehnt. Es handelt sich um das erste Hochschulstrukturgesetz des Landes Sachsen-Anhalt, aus dem die maßgeblichen Strukturvorgaben nicht abgelesen werden können. Gefordert ist ein unter frühzeitiger Einbeziehung der Hochschulen und mit ausreichenden Zeiträumen für die Beratung in den Gremien durchgeführter Planungsprozess der Landesregierung, auf dessen Grundlage der Landtag eine verantwortliche Strukturentscheidung treffen kann, die den Hochschulen über mehrere Jahre einen verbindlichen Rahmen für ihre Arbeit und Entwicklung vermittelt.

2.   Für die im 4. Hochschulstrukturgesetz sowie im Hochschulgesetz enthaltenen arbeitsrechtlichen Regeln fehlt dem Landesgesetzgeber die Kompetenz. Arbeitsrecht ist durch Bundesrecht geregelt; dieses geht nach Art. 31 GG vor. Im Übrigen sind die Arbeitsverhältnisse individualvertraglich und tarifvertraglich gestaltet, so dass durch Gesetz einseitige Regelungen nicht getroffen werden können. Eine solche Ersetzung vertraglicher Regelungen durch Gesetz ist weder sinnvoll noch praktikabel.

3.      Zur Hochschulgesetznovelle besteht ein ausführlicher Beratungsbedarf unter Beteiligung aller Statusgruppen der Hochschulen. Die Gefahr der vorschnellen Einführung zeit- und modebedingter Neuerungen ohne genügende Erprobung ist offensichtlich.

4.      Der Entwurf des Hochschulgesetzes sieht eine nachhaltige Umgestaltung und Schwächung der kollegialen Leitungsorgane an der Hochschule vor. Die Abschaffung des Konzils und die Schwächung des Senats werden in der Gesetzesbegründung damit gerechtfertigt, dass notwendige Sachentscheidungen nicht selten blockiert oder verlangsamt würden. Der Senat weist diese Unterstellungen zurück; sie haben nichts mit der Realität in Sachsen-Anhalt zu tun. Gerade in der letzten Amtszeit hat der Senat der Universität nach intensiver Diskussion schwierige Entscheidungen getroffen; soweit Verzögerungen aufgetreten sind, sind diese regelmäßig auf der ministeriellen Ebene, nicht jedoch in der Hochschule erfolgt. In Sachsen-Anhalt ist seit 1990 eine Hochschulerneuerung aus eigener Kraft geglückt, auf der wir aufbauen können. Die Regelungen des Gesetzesentwurfes stellen in diesem Zusammenhang einen deutlichen Rückschritt dar. Ebenso lehnen wir die Hierarchisierung der Dekansrolle ab; auch auf der Ebene der Fachbereiche und Fakultäten ist der Fachbereichsrat/Fakultätsrat das maßgebliche kollegiale Beschlussorgan, das aus seiner Mitte autonom die eigenen Repräsentanten bestimmt. Auch dies ist ein Ergebnis erfolgreicher Hochschulerneuerung, das für uns elementar ist. Ferner lehnt der Senat Sonderregelungen zum Fakultätsrat Medizin und zum Dekan der Medizinischen Fakultät ab.

5. In der Gesetzesbegründung wird oft auf die Stärkung der Autonomie der Hochschulen hingewiesen. Der Gesetzestext ist durch eine Überregulierung gekennzeichnet, die zu einer schleichenden Aushöhlung der Autonomie durch Verordnungen und Erlasse führt. Es muss daran erinnert werden, dass Staat und Hochschule ein Kooperationsprinzip verbindet, das sie zur gegenseitigen Partnerschaft verpflichtet. Ständige Berichtspflicht - wie im Gesetzentwurf vorgesehen- bricht dieses Prinzip. Es gilt hierbei das weitere Prinzip des hochschulfreundlichen Verhaltens des Staates und seiner Organe. Zielvereinbarungen sind daher als öffentlich-rechtliche Verträge auszuhandeln.

6.      Zu den Strukturveränderungen in der Hochschulmedizin wird geregelt, dass das Ministerium Zielvereinbarungen mit den medizinischen Fakultäten abschließen soll bzw. über Ermächtigung in die Fakultäten eingreifen kann. Damit nicht die Abkopplung der Medizinischen Fakultät von der Universität eintritt, können Zielvereinbarungen mit der Medizinischen Fakultät nur mit Zustimmung der Universität abgeschlossen werden.

7.      Der Akademische Senat schließt sich der Stellungnahme des Konzils  (s. Anlage) uneingeschränkt an.

Prof. Dr. Wilfried Grecksch

Nicole Teichert, 19. Dezenber 2003