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Ministerialblatt LSA Nr. 34/1999 vom 28.10.1999

Sonderurlaub gemäß § 24 der Urlaubsverordnung

RdErl. des MI vom 26.8.1999 - 15.32-03020.550

I.

1. Nach § 24 Abs. 1 der Urlaubsverordnung (UrlVO) vom 9.11.1993 (GVBl. LSA S. 688) kann Urlaub unter Wegfall der Besoldung gewährt werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt und dienstliche Gründe nicht entgegenstehen. Urlaub für mehr als drei Monate kann nur in besonders begründeten Fällen mit Zustimmung der obersten Dienstbehörde gewährt werden.

Langjährige Freistellungen vom Dienst sind mit den Grundsätzen des Urlaubsrechts unvereinbar. Eine Beurlaubung nach § 24 UrlVO dient regelmäßig nur einer kurzfristigen Entpflichtung von den Dienstgeschäften. Sie kann aus "wichtigem Grund" nicht schon dann in Betracht gezogen werden, wenn die Beamtin oder der Beamte ihre oder seine Belange selbst für wichtig hält, sondern nur, wenn sie bei objektiver Betrachtung triftig, das heißt gewichtig und schutzwürdig sind. Je länger der beantragte Sonderurlaub ist, um so stärker wird das öffentliche Interesse an der vollen Dienstleistung berührt und um so höhere Anforderungen sind an die Gewichtigkeit und Schutzwürdigkeit des geltend gemachten Urlaubsgrundes zu stellen (Bundesverwaltungsgericht, BVerwG, Beschluß vom 26.10.1973 - 1 WB 85.73 -, Bundesverwaltungsgerichtsentscheidung, BVerwGE, 46, 173). Ein "besonders begründeter Fall" im Sinne des § 24 Abs. 1 Satz 2 UrlVO liegt darüber hinaus nur dann vor, wenn sich die Beamtin oder der Beamte in einer Ausnahmesituation befindet, die sich als wirkliche Zwangslage darstellt (BVerwG, Beschluß vom 19.5.1992 - 1 WB 137/91 -, Zeitschrift für Beamtenrecht, ZBR, 1992 S. 310). Aus dem aus Artikel 33 Abs. 5 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland (GG) hergeleiteten Grundsatz der vollen Hingabe an den Beruf folgt, daß sich die Beamtin oder der Beamte ganz dem Beruf zu widmen hat und verpflichtet ist, sich voll für den Dienstherrn einzusetzen und diesem ihre oder seine gesamte Persönlichkeit, Arbeitskraft und Lebensleistung zur Verfügung zu stellen hat (BverG, Urteil vom 6.7.1989 - 2 C 52.87 -, BVerwGE 82, 196).

Da langfristige Freistellungen den Kernbereich des Beamtenverhältnisses und somit Artikel 33 Abs. 5 GG berühren, ist eine längere Beurlaubung mit der Dienstleistungspflicht der Beamtin oder des Beamten als Hauptpflicht grundsätzlich nicht vereinbar (vgl. auch BVerwG, Beschluß vom 30.1.1996 - 1 WB 46.95 -, ZBR 1996, S. 182). Diese verfassungsrechtliche Schranke darf nur bei Vorliegen eines besonderen öffentlichen und verfassungsrechtlich relevanten Interesses, zum Beispiel bei familien- oder arbeitsmarktpolitischen Interessen, durchbrochen werden. In Bezug auf die langfristigen Beurlaubungsmöglichkeiten der §§ 72 c, 79 a des Beamtengesetzes Sachsen-Anhalt (BG LSA) i. d. F. der Bek. vom 9.2.1998 (GVBl. LSA S. 50), zuletzt geändert durch Gesetz vom 8.4.1999 (GVBl. LSA S. 146), hat der Gesetzgeber nach Abwägung der verfassungsrechtlichen Werte Artikel 33 Abs. 5 GG zugunsten von Artikel 20 Abs. 1 und Artikel 6 GG zurücktreten lassen und mithin die Vorschriften des BG LSA als "besonders begründete Fälle" angesehen. Die in §§ 13 und 19 UrlVO geregelten Sonderfälle sind wegen ihrer eher geringen Dauer und ihres Anlasses verfassungskonform. Weitere Sonderfälle können dann vorliegen, wenn gemäß § 29 Abs. 2 BG LSA die Fortdauer des Beamtenverhältnisses neben einem neunen Dienst- oder Amtsverhältnis angeordnet wird oder eine Tätigkeit in einer öffentlichen Einrichtung ohne Dienstherrnfähigkeit beabsichtigt und eine Zuweisung nach § 123 a des Beamtenrechtsrahmengesetzes i. d. F. vom 31.3.1999 (BGBl. I S. 654) nicht möglich ist. In diesen Fällen darf auf der Grundlage des § 24 Abs. 1 UrlVO eine langfristige Beurlaubung ausgesprochen werden, wenn Artikel 33 Abs. 5 GG wegen des besonderen Interesses der aufnehmenden Einrichtung oder Behörde an der Gewinnung der Beamtin oder des Beamten hinter Artikel 33 Abs. 2 GG zurücktreten muß. Das gilt ebenfalls bei Vorliegen eines besonderen Interesses der beurlaubenden Behörde an einer Verwendung der Beamtin oder des Beamten in der freien Wirtschaft (z. B. Wechsel vom öffentlichen Dienst zur freien Wirtschaft und zurück), weil hierdurch qualifizierende Effekte erzielt werden.

Das Sonderurlaubsrecht stellt keine Grundlage für eine allgemeine Freistellung vom Dienst dar (z. B. zum Studium, zur Ableistung einer Probezeit für eine andere Laufbahn), um der Beamtin oder dem Beamten aus vermeintlicher Fürsorge eine Rückkehrmöglichkeit in den öffentlichen Dienst zu sichern oder um privatrechtliche Einrichtungen der öffentlichen Hand durch "Ausleihen von Beamtinnen oder Beamten" zu fördern.

Unzulässig ist es des weiteren, eine Beurlaubung nur zu dem Zweck vorzunehmen, ein privatrechtliches Arbeitsverhältnis zum selben Dienstherrn zu vereinbaren. Dienst das nach der Beurlaubung abgeschlossene privatrechtliche Arbeitsverhältnis außerdem dazu, der Beamtin oder dem Beamten über den Vertrag höhere, nach dem Besoldungsrecht nicht mögliche Bezüge zu verschaffen, dürfte auch ein Verstoß gegen § 2 Abs. 2 des Bundesbesoldungsgesetzes i. d. F. vom 3.12.1998 (BGBl. I S. 3434) vorliegen (Summer in Fürst, GKÖD I/1983, K § 10 Rz. 18).

2. Gemäß § 24 Abs. 2 UrlVo kann für Urlaub, der für einen in den §§ 12 bis 23 UrlVO nicht genannten Zweck gewährt wird und der auch dienstliche Zwecken dient, die Besoldung bis zur Dauer von zwei Wochen, mit Zustimmung der obersten Dienstbehörde bis zur Dauer von sechs Monaten, für die sechs Wochen überschreitende Zeit jedoch nur bis zur halben Höhe, belassen werden. In dieser Regelung findet sich der Grundsatz wieder, daß der Dienstherr der Beamtin oder dem Beamten als Korrelat für die Zurverfügungstellung der vollen Arbeitskraft lebenslang eine angemessene Alimentation gewährt. Da die Dienstleistung ebenso wie die Besoldung laufen erbracht werden muß, kommt eine Alimentation für eine Zeit, in der trotz bestehender Dienstpflicht keine Dienstleistung erbracht wird, nur kurzfristig in Betracht (Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 5.11.1975 - 2 BvR 193/74 -, Bundesverfassungsgerichtentscheidungen 40, 296, 321).

II.

Den Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, die der Aufsicht des Landes unterliegen, wird empfohlen, entsprechend zu verfahren.

III.

Dieser RdErl. tritt mit seiner Veröffentlichung in Kraft.


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