Dieser Abdruck ist keine amtliche Bekanntmachung

Ministerialblatt LSA Nr. 16/2000 vom 05.02.2000

Richtlinien für die Aussonderung, Archivierung sowie
Bestandserhaltung von Bibliotheksgut in den
Hochschulbibliotheken des Landes Sachsen-Anhalt

RdErl. des MK vom 9.3.2000 - 67.2-55006

1 Allgemeines

1.1. Nachstehende Richtlinien sollen die Bibliotheken von selten genutzten Bibliotheksgut entlasten, zugleich aber gewährleisten, dass in Sachsen-Anhalt Werke von bleibendem Wert für Wissenschaft, Kultur und Gesellschaft dennoch zur Verfügung stehen und dauerhaft erhalten werden.

1.2. Die Richtlinien gelten für die Landes- und Hochschulbibliotheken in Sachsen-Anhalt sowie für nichtstaatliche Bibliotheksträger, sofern und insoweit sie staatliche Buchbestände verwalten.

1.3. Nach Ablauf von drei Jahren haben die Landes- und Hochschulbibliotheken des Landes Sachsen-Anhalt dem Kultusministerium über die bis dahin mit der Durchführung der Aussonderung, Archivierung und Bestandserhaltung gemachten Erfahrungen zu berichten.

2 Gegenstand

Das Bibliotheksgut in diesem Sinne umfasst im Wesentlichen gebundene Zeitschriften, zeitschriftenartige Reihen und Zeitungen sowie Monographien, Nachschlagewerke und Nichtprintmedien, die in der besitzenden Bibliothek entbehrlich sind.

Als entbehrlich gilt Bibliotheksgut,

  1. wenn es dem Sammelauftrag, der Versorgungsfunktion oder dem historisch gewachsenen Charakter der Bestände nicht oder nicht mehr entspricht,
  2. wenn die für den Erwerb maßgebenden Bedürfnisse nicht mehr bestehen oder ausschließlich durch andere Publikationen befriedigt werden, zum Beispiel veraltete EDV-Literatur,
  3. wenn es unbrauchbar geworden ist und nicht mit vertretbarem Aufwand wiederhergestellt werden kann,
  4. wenn bei Nichtprintmaterialien die technischen Voraussetzungen für die Benutzung nicht oder nicht mehr gegeben sind,
  5. wenn es lediglich für den Verbrauch beschafft worden war,
sofern es nicht im Sinne der Erwerbsgrundsätze dauerhaft archiviert werden muss. Pflichtstücke gelten in keinem Fall als entbehrlich.

Unter diesen Voraussetzungen kommen für eine Aussonderung insbesondere in Betracht:

  1. Mehrfachexemplare,
  2. durch Neuauflagen oder andere Ausgaben ersetzte Lehrbücher, Nachschlagewerke und Wörterbücher,
  3. graue Literatur und Veröffentlichungen, deren Inhalt in spätere Publikationen eingegangen ist oder durch sie ersetzt wurde,
  4. Informationsmittel ohne retrospektive Erschließung,
  5. durch Kumulation ersetzte Bibliographien, Statistiken und dergleichen,
  6. Adress-, Telefon- und Kursbücher, Bestandsverzeichnisse und Ähnliches,
  7. Personal- und Vorlesungsverzeichnisse,
  8. Firmen- und Institutionsschriften,
  9. Rechtsvorschriften und amtliche Handausgaben,
  10. fremdsprachige Fachliteratur, die in deutscher Übersetzung vorliegt,
  11. Zeitschriftentorsi und Sonderdrucken,
  12. Zeitungen, die nur für Zwecke der aktuellen Information gehalten werden,
  13. Druckschriften, die zusätzlich verfilmt oder digitalisiert zur Verfügung stehen und in dieser Form ausreichend benutzbar sind,
  14. Lehr- und Schulungsmaterialien,
  15. Dissertationen, Diplom- und Magisterarbeiten.
Historisch gewachsener Altbestand bis etwa 1850 ist von Aussonderungen in der Regel ausgenommen. Die Richtlinien beziehen sich wegen der vom Papierzerfall bedrohten Bestände auf Literatur nach dem Erscheinungsjahr 1850 sowie wegen des Mengenproblems vordringlich auf die Zeit nach 1945, insbesondere soweit die Titel bereits elektronisch nachgewiesen oder in Kürze sein werden.

3. Verfahrensweise

3.1. Das auszusondernde Bibliotheksgut ist der Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt, die als Speicherbibliothek für das Land Sachsen-Anhalt fungiert, anzubieten. Kriterium für eine Speicherung ist die Notwendigkeit der Verfügbarkeit des Titels im Land Sachsen-Anhalt.

3.2 Die Entscheidung über die Abgabe und Aufnahme des entbehrlichen Bibliotheksgutes trifft die jeweilige Bibliotheksleitung, gegebenenfalls im Einvernehmen mit dem Bibliotheksausschuss. Zweigbibliotheken sind nicht ermächtigt, Aussonderungen eigenmächtig ohne Absprache mit der Zentralbibliothek vorzunehmen.

3.3. Grundsätzlich gilt, dass die abgebende Bibliothek das ausgesonderte Bibliotheksgut sowohl im eigenen Katalogsystem als auch in den überregionalen Katalogen entwidmet und tilgt. Die übernehmende Bibliothek erhält das Bibliotheksgut mit den dazugehörigen Katalogisaten. Der Transport des Bibliotheksgutes ist Sache der abgebenden Bibliotheken. Die Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt wird ermächtigt, in Abstimmung mit dem Kultusministerium des Landes Sachsen-Anhalt eine wirtschaftliche Verfahrensweise zu entwickeln und festzulegen.

3.4. Die Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt arbeitet das Bibliotheksgut in ihren Bestand ein, sorgt für die ordnungsgemäße Unterbringung und bedient die überregionalen Kataloge.

3.5. Die Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt stellt das Bibliotheksgut im Rahmen ihrer Benutzungsordnung weiterhin zur öffentlichen Nutzung bereit.

3.6. Bibliotheksgut, das von der Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt nicht übernommen wird, kann durch die aussondernde Bibliothek im Rahmen der geltenden Bestimmungen veräußert, im Tausch angeboten, verschenkt oder makuliert werden.

3.7. Bei Abgabe von Bibliotheksgut an die Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt wird entsprechen der Landeshaushaltsordnung des Landes Sachsen-Anhalt vom 30.4.1991 (GVBl. LSA S. 35), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes zur Änderung der Landeshaushaltsordnung des Landes Sachsen-Anhalt und der Gemeindeordnung vom 21.12.1998 (GVBl. LSA S. 499), verfahren. Bei Abgabe von Bibliotheksgut an eine Bibliothek außerhalb des nachgeordneten Bereiches des Kultusministeriums des Landes Sachsen-Anhalt unterbleibt eine Werterstattung, wenn das betreffende Bibliotheksgut nur einen geringen Wert besitzt oder wenn ein dringendes Landesinteresse vorliegt. Dieses Landesinteresse, dass sich insbesondere auf die Erhaltung und Pflege sowie die Benutzbarkeit des betreffenden Bibliotheksgutes bezieht, ist jeweils im Einzelfall nachzuweisen.

3.8. Nur mit Zustimmung des Kultusministeriums des Landes Sachsen-Anhalt dürfen veräußert werden

  1. Einzelwerke im Wert von über 5 000 DM,
  2. Handschriften und Nachlässe,
  3. Druckschriften, die vor 1800 erschienen sind,
  4. Anderes Bibliotheksgut von besonderer Bedeutung.
4. In-Kraft-Treten und Außer-Kraft-Treten

Dieser RdErl. tritt mit seiner Veröffentlichung in Kraft; er tritt fünf Jahre nach seinem In-Kraft-Treten außer Kraft.