Gesetz- und Verordnungsblatt 21/1992 vom 1. Juni 1992
Gesetz
zur Förderung des wissenschaftlichen und künstlerischen
Nachwuchses
(Graduiertenförderungsgesetz - GradFG)
vom 27. Mai 1992
Der Landtag von Sachsen-Anhalt hat das folgende Gesetz beschlossen, das hiermit verkündet wird:
§ 1
Zweck und Grundsätze der Förderung
(1) Besonders qualifizierte wissenschaftliche und künstlerische Nachwuchskräfte werden nach Maßgabe dieses Gesetzes und der im Haushaltsplan für diesen Zweck bereitgestellten Mittel durch Stipendien und Sonderzuwendungen (Förderungsleistungen) gefördert.
(2) Bei der Verteilung der Haushaltsmittel auf die Hochschulen und der Gewährung der Stipendien sollen
Angemessen berücksichtigt werden. Es ist anzustreben, daß auch Vorhaben in kleinen Wissenschaftsgebieten gefördert werden können.
§ 2
Förderung von Promotionen
(1) Förderungsleistungen kann erhalten, wer durch weit überdurchschnittliche Studien- und Prüfungsleistungen eine besondere Befähigung zu wissenschaftlicher Arbeit erkennen läßt, sich nach einem abgeschlossenen Hochschulstudium auf die Promotion an einer in Sachsen-Anhalt gelegenen Hochschule vorbereitet und nicht promoviert ist. Das wissenschaftliche Vorhaben muß einen wichtigen Beitrag zur Forschung erwarten lassen. Der Stipendiat muß von einer zur Abnahme von Promotionen befugten Lehrperson an einer in Sachsen-Anhalt gelegenen Hochschule betreut werden.
(2) Solange und soweit die Zulassung zur Promotion ein abgeschlossenes Hochschulstudium nicht voraussetzt, kann nach Maßgabe des Absatzes 1 auch gefördert werden, wer ein Hochschulstudium nicht abgeschlossen hat und die Promotion als Studienabschluß anstrebt.
(3) Die Förderung kann nur gewährt werden
(4) Die Gewährung eines Stipendiums ist ausgeschlossen, wenn die Vorbereitung auf die Promotion bereits nach einer vergleichbaren Ausbildungsförderung gefördert worden ist oder wird. Bewerber gemäß Absatz 2 können Förderungsleistungen frühestens nach Ablauf der für den betreffenden Studiengang festgelegten Förderungshöchstdauer nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz in der jeweils geltenden Fassung erhalten.
§ 3
Förderung künstlerischer Entwicklungsvorhaben
(1) Förderungsleistungen kann erhalten, wer ein Studium an einer Kunsthochschule abgeschlossen hat, eine weit überdurchschnittliche Qualifikation nachweist und an einer in Sachsen-Anhalt gelegenen Hochschule ein künstlerisches Entwicklungsvorhaben durchführt. Das Vorhaben muß einen wichtigen Beitrag zur künstlerisch-wissenschaftlichen oder künstlerisch-praktischen Entwicklung erwarten lassen. Bei der Feststellung der Qualifikation können neben Studien- und Prüfungsleistungen künstlerische Leistungen, Erfahrungen und Kenntnisse, die der Bewerber in oder außerhalb einer Hochschule erbracht oder erworben hat, mit berücksichtigt werden. Der Stipendiat muß von einem Professor an einer in Sachsen-Anhalt gelegenen Hochschule künstlerisch betreut werden.
(2) § 2 Abs. 3 findet entsprechende Anwendung.
(3) Die Gewährung eines Stipendiums ist ausgeschlossen, wenn die Durchführung des künstlerischen Entwicklungsvorhabens anderweitig aus öffentlichen Mitteln gefördert worden ist oder wird. § 2 Abs. 4 Satz 2 gilt entsprechend.
§ 4
Auswahl der Bewerber
Übersteigt die Zahl der Bewerber, die die Voraussetzung für eine Förderung erfüllen, die für diese Förderungsleistung verfügbaren Mittel, so ist zwischen den Bewerbern nach dem Grad ihrer Befähigung zu wissenschaftlicher oder künstlerischer Arbeit und nach der Bedeutung des in Aussicht genommenen Vorhabens auszuwählen. Über die Vergabe der Stipendien entscheidet eine Vergabekommission an der jeweiligen Hochschule. Bei der Qualifikation des Bewerbers soll auch die im Studiengang bis zum ersten berufsqualifizierenden Abschluß aufgewandte Studienzeit berücksichtigt werden.
§ 5
Art und Umfang der Förderung
(1) Die Förderungsleistungen werden als Zuschüsse gewährt. Sie sind Zuwendungen im Sinne des Haushaltsrechts.
(2) Das Stipendium besteht aus
Der Familienzuschlag entfällt, wenn beide Ehegatten ein Stipendium nach diesem Gesetz oder nach entsprechenden anderen staatlichen Förderungsbestimmungen erhalten.
(3) Das Einkommen des Stipendiaten und seines Ehegatten wird nach Maßgabe einer Verordnung nach § 10 Abs. 1 auf das Stipendium angerechnet.
(4) Stipendiaten können zur Förderung ihrer Promotion oder ihres künstlerischen Entwicklungsvorhabens Sonderzuwendungen für Sachkosten, mit Ausnahme von Druckkosten, sowie für Reisekosten gewährt werden, wenn diese Aufwendungen für die Vorbereitung auf die Promotion oder für die Durchführung des künstlerischen Entwicklungsvorhabens erforderlich sind und ihnen die Aufbringung der Kosten nicht zuzumuten ist.
(5) Der Verwendungsnachweis für Stipendien beschränkt sich auf die Vorlage der Berichte nach § 9 Abs. 1 Satz 2 sowie die Versicherung des Stipendiaten, daß
Standen dem Stipendiaten andere Förderungsleistungen oder standen ihm und seinem Ehegatten anrechnungspflichtige Einkünfte zur Verfügung, so ist deren Höhe anzugeben.
(6) Ein Anspruch auf Gewährung von Förderungsleistungen besteht nicht.
§ 6
Dauer der Förderung
(1) Das Stipendium soll in der Regel unmittelbar nach Abschluß des Studiums oder eines auf das Studium folgenden Vorbereitungsdienstes beantragt werden. Die Hochschule kann die Entscheidung um höchstens ein Jahr zurückstellen, wenn dem Antragsteller Gelegenheit gegeben werden soll, zur besseren Beurteilung seines Vorhabens erste Arbeitsergebnisse vorzulegen.
(2) Das Stipendium wird zunächst für einen Zeitraum bis zu einem Jahr gewährt. Vor Ablauf des Bewilligungszeitraumes ist festzustellen, ob eine weitere Förderung gerechtfertigt ist. Die Förderung endet nach zwei Jahren. In Ausnahmefällen kann eine Verlängerung bis zu einem weiteren Jahr erfolgen, wenn diese nach Thema und Anlage des Vorhabens erforderlich ist oder der Stipendiat die Verzögerung des Abschlusses seines Vorhabens nicht zu vertreten hat.
§ 7
Ausschluß der Förderung bei anderer Tätigkeit
Eine Förderung nach diesem Gesetz ist ausgeschlossen
§ 8
Zuständigkeit
(1) Die Verteilung der Fördermittel auf die Hochschulen ist Aufgabe des Ministeriums für Wissenschaft und Forschung.
(2) Die Vergabe der Stipendien und der besonderen Zuwendungen obliegt den Hochschulen. Die Hochschulen unterliegen, unbeschadet der Regelung in Satz 4, bei der Erfüllung dieser Aufgabe der Fachaufsicht des Ministeriums für Wissenschaft und Forschung. Die Feststellung, ob im Einzelfall die Qualifikation des Bewerbers, die Qualität seines Arbeitsvorhabens und die sonstigen fachlichen Förderungsvoraussetzungen vorliegen, trifft eine an der Hochschule zu bildende Vergabekommission auf Grund von Stellungnahmen der zuständigen Fakultät oder des Fachbereichs. Die Entscheidungen der Vergabekommission unterliegen der Rechtsaufsicht des Ministeriums für Wissenschaft und Forschung.
(3) Die Hochschulen dürfen von den Bewerbern und den Stipendiaten diejenigen personenbezogenen Informationen erheben, die für die Gewährung des Stipendiums und den Vollzug dieses Gesetzes und der darauf gestützten Rechtsvorschriften erforderlich sind. Die Hochschulen dürfen diese Informationen auch zur Erfüllung ihrer übrigen Aufgaben nach § 2 des Hochschulerneuerungsgesetzes (HEG LSA) vom 31. Juli 1991 (GVBl. LSA S. 198), geändert durch Gesetz vom 30. Januar 1992 (GVBl. LSA S. 95), verwenden.
§ 9
Fortgang des Vorhabens, Widerruf der Förderung
(1) Der Stipendiat berichtet der Hochschule in Abständen von jeweils sechs Monaten über den Stand seines Vorhabens. Der Bericht ist über die betreuende Lehrperson zu leiten. Diese gibt zu dem Bericht eine Stellungnahme ab.
(2) Die Hochschule stellt fest, ob der Stipendiat sich in erforderlichem Maß um die Verwirklichung des zwecks der Gewährung bemüht. Lassen Tatsachen erkennen, daß dies nicht der Fall ist, widerruft sie den Bewilligungsbescheid mit Wirkung für die Zukunft. Lagen diese Tatsachen bereits im zurückliegenden Bewilligungszeitraum vor, so kann der Bewilligungsbescheid auf für den entsprechenden Zeitraum rückwirkend widerrufen werden; die bereits gewährten Förderungsleistungen sind in diesem Fall zu erstatten.
§ 10
Verordnungsermächtigung
(1) Das Ministerium für Wissenschaft und Forschung wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Ministerium der Finanzen durch Verordnung Vorschriften zu erlassen über
(2) Das Grundstipendium (§ 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1) soll so bemessen werden, daß es nicht wesentlich hinter dem Grundbetrag der Anwärterbezüge der Beamten auf Widerruf im Vorbereitungsdienst nach Vollendung des 26. Lebensjahres für das Eingangsamt des höheren Dienstes nach Abzug der Lohnsteuer zurückbleibt.
§ 11
Übergangsvorschrift
Die Forschungsstudenten und Aspiranten, die auf der Grundlage der Stipendienanordnung vom 29. Juni 1990 (GBl. I S. 1079) oder nach § 73 HEG LSA gefördert werden, werden mit Inkrafttreten dieses Gesetzes und nach Maßgabe dieses Gesetzes weitergefördert.
§ 12
Außerkrafttreten von Vorschriften
Soweit Vorschriften, die vor dem 3. Oktober 1990 im Gebiet des Landes Sachsen-Anhalt galten, Materien regelten, die Inhalt dieses Gesetzes sind, treten sie mit Inkrafttreten dieses Gesetzes außer Kraft.
§ 13
Inkrafttreten
Diese Gesetz tritt am 1. Juni 1992 in Kraft.
Magdeburg, den 27. Mai 1992