MARTIN-LUTHER-UNIVERSITÄT HALLE -WITTENBERG
Amtsblatt
9. Jahrgang, Nr. 3 vom 20. April 1999, S. 6
vom 15.03.1999
Der Klinikumsvorstand hat auf Grundlage des § 13 Abs. 1 Sätze 2 und 3 der Satzung des Klinikums der Medizinischen Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle – Wittenberg (Amtsblatt der Martin-Luther-Universität Halle – Wittenberg vom 09.12.1997, S. 3) und § 96 Abs. 2 des Hochschulgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt vom 07.10.1993 (GVBl. LSA S. 614, zuletzt geändert am 19.03.1998 - GVBl. LSA S. 132) in seiner Sitzung am 15.03.1999 folgende Regelung zur Umsetzung des Transplantationsgesetzes als Klinikumsordnung beschlossen.
Diese Regelung zur Durchsetzung des Transplantationsgesetzes am Klinikum der Medizinischen Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle – Wittenberg wurde interdisziplinär erarbeitet unter der Leitung von:
Die vorliegende Dienstanweisung dient der Umsetzung des am 1. Dezember 1997 in Kraft getretenen Transplantationsgesetzes (TPG). Neben der Wahrung der Rechte und Interessen der Organspender bzw. Organspenderinnen zielt das Transplantationsgesetz auf eine Erhöhung des dringend notwendigen Organaufkommens ab.
Diese Klinikumsordnung regelt in Ergänzung und Erläuterung des Transplantationsgesetzes die Aufgaben des ärztlichen Dienstes, des Pflegedienstes und der sonstigen Beschäftigten des Klinikums der Medizinischen Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle – Wittenberg und der gemäß Geschäftsbesorgungsvertrag mit der Universität mit verwalteten Einrichtungen (Teil I).
Es ist zu unterscheiden zwischen der Organspende (Teil II) und der Gewebespende (z.B. Cornea-Spende - Teil III).
Bei allen Verstorbenen im Klinikum der Medizinischen Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle – Wittenberg ist das Spenderformular auszufüllen. Ein Exemplar des Spenderformulars verbleibt in der Krankenakte der Verstorbenen, das zweite Exemplar wird der Koordinierungszentrale (Telefon 03 45 / 2 02 51 83, Telefax 03 45 / 2 02 96 32) zugeschickt. Die vorliegende Dienstanweisung ist bei der Ausfüllung des Spenderformulars zugrunde zu legen. Dabei ist zu berücksichtigen, daß auch bei eingetretenem Herz-Kreislauf-Tod immer die Möglichkeit zur Cornea-Spende besteht.
Bei nichtrealisierter Organspende sind die jeweiligen Kontraindikationen auf dem Spenderformular anzukreuzen.
Grundsätzlich ist die Lebendspende gegenüber einer Organentnahme bei toten Organspendern subsidiär. Im Falle einer Lebendspende ist eine Meldung der vorgesehenen Organtransplantation und des Empfängers bzw. der Empfängerin an Eurotransplant unumgänglich. Bei ausländischen Patienten bzw. Patientinnen ist das Transplantationsgesetz im Falle einer Lebendspende anwendbar. Im Rahmen der Beratung zur Lebendspende ist der Organspender bzw. die Organspenderin ausführlich auch über die Form seiner bzw. ihrer Krankenversicherung für die Organspende aufzuklären.
Werden auf einer Station Zeichen des Hirntodes eines Patienten bzw.
einer Patientin festgestellt, so ist die Koordinierungszentrale zu informieren.
Der bzw. die den Verdacht feststellende diensthabende Stationsarzt bzw.
Stationsärztin bestimmt zwei Ärzte bzw. Ärztinnen zur Todesfeststellung
gemäß den Richtlinien über die Feststellung des Hirntodes
(Anlage 5).
Eine Verlegung in eine andere Klinik oder Abteilung der Fakultät zum
Zweck der Hirntoddiagnostik ist in der Regel zu vermeiden.
Liegt der Verdacht eines unnatürlichen Todes vor, so ist vor der Vorbereitung zur Organspende neben der Koordinierungszentrale die Staatsanwaltschaft (Telefon 03 45 / 22 00) zu informieren. Die Koordinierungsstelle wird alles weitere in Zusammenarbeit mit dem Institut für Rechtsmedizin regeln.
Organspender bzw. Organspenderinnen und potentielle Organspender bzw. Organspenderinnen sind der Koordinierungszentrale gemäß § 11 Abs. 4 TPG zu melden. Bereits vor abgeschlossener Hirntoddiagnostik ist eine Beratung mit der Koordinierungsstelle über eine potentielle Organspende möglich. Die Koordinierungsstelle organisiert die Erstuntersuchung und berät zu allen weiteren Maßnahmen.
Der Klinikumsvorstand benennt als Transplantationsbeauftragte die Herren
die die Einhaltung der Meldepflicht gemäß § 11 Abs. 4 TPG überwachen.
Ärzte bzw. Ärztinnen, die bei der Hirntoddiagnostik beteiligt
waren, dürfen an der Organentnahme nicht teilnehmen (§ 5 Abs.
2 TPG).
Die Gewebetypisierung ist erst nach abgeschlossener Hirntoddiagnostik zulässig.
Die Richtlinien zur Feststellung des Hirntodes (Anlage 5) sind unbedingt einzuhalten. Dies betrifft insbesondere die Feststellungsverfahren, die Wartefristen vor der erforderlichen zweiten Todesfeststellung und die Qualifikation der beteiligten Ärzte bzw. Ärztinnen.
Ein Arzt oder eine Ärztin hat die erforderlichen Gespräche
mit den Angehörigen zu führen. In Ausnahmefällen besteht
die Möglichkeit, diese Gespräche auch an nichtärztliches
Personal zu delegieren, wenn dieses entsprechend ausgebildet und erfahren
ist. Auf der Grundlage des Transplantationsgesetzes hat grundsätzlich
der Wille des bzw. der Verstorbenen zur Organspende den Vorrang vor möglichen
Einwänden der Angehörigen.
Liegt eine schriftliche Zustimmung zur Organspende des bzw. der Verstorbenen
vor, so werden die Angehörigen nur noch über die geplante Maßnahme
informiert, d.h. gemäß § 3 Abs. 3 TPG werden die Angehörigen
nur über die beabsichtigte Organentnahme unterrichtet, dabei haben
sie das Recht auf Einsichtnahme in die Dokumentation über die Organentnahme.
Sie können dabei eine Person ihres Vertrauens hinzuziehen.
Fehlt eine Erklärung zur Organspende des bzw. der Verstorbenen, so sind die nächsten Angehörigen zur Entscheidung befugt (§ 4 Abs. 1 TPG: die Erklärung eines nächsten Angehörigen reicht aus).
Der Arzt bzw. die Ärztin, der bzw. die die Angehörigen unterrichtet,
hat sich an die Reihenfolge der im § 4 Abs. 2 TPG aufgeführten
Bezugspersonen zu halten. Er muß die Angehörigen darauf hinweisen,
daß sie bei ihrer Entscheidung den mutmaßlichen Willen des
bzw. der Verstorbenen zu berücksichtigen haben.
In Zweifelsfällen ist es ratsam - der Situation angemessen - sich
über die Identität der Angehörigen Sicherheit zu verschaffen.
Dem bzw. der nächsten Angehörigen stehen volljährige Personen
gleich, die dem Organspender bzw. der Organspenderin bis zu seinem bzw.
ihrem Tode in besonderer persönlicher Verbundenheit offenkundig nahegestanden
haben (§ 4 Abs. 2 TPG).
War für den Verstorbenen bzw. die Verstorbene ein Vormund oder ein Betreuer bzw. eine Betreuerin bestellt, so ist zu berücksichtigen, daß Vormundschaft und Betreuung mit dem Tod des bzw. der Betreuten enden. Vormund oder Betreuer bzw. Betreuerin können dann nur noch eine Erklärung dazu abgeben, ob ihnen eine Erklärung des Verstorbenen zur Organspende bekannt ist.
Der Ablauf des Gespräches ist auf dem Spenderformular (Anlage 3) zu dokumentieren.
Der Spender bzw. die Spenderin ist bis zur Organentnahme in eine ITS oder andere ausreichend ausgestattete Station zu verbringen.
Für die Gewebespende, z.B. die Cornea-Spende, kommen Patienten bzw. Patientinnen in Betracht, bei denen der Herz-Kreislauf-Tod eingetreten ist.
Spender im Universitätsklinikum Kröllwitz (UKK) werden umgehend in den Abschiedsraum verbracht. Bis dahin sind sie von anderen Patienten bzw. Patientinnen getrennt in einem Raum unterzubringen und zu überwachen. Gleiches gilt für Spender im Universitätsklinikum Magdeburger Straße (UKM), sofern diese nicht einer pathologischen Untersuchung unterzogen werden sollen.
Ist der Tod im OP eingetreten, so ist der OP zu räumen, ausreichend zu reinigen bzw. zu desinfizieren und der potentielle Spender bzw. die potentielle Spenderin in den Abschiedsraum zu verbringen.
Ärzte bzw. Ärztinnen, die an der Feststellung des Todes beteiligt
waren, dürfen an der Gewebeentnahme nicht teilnehmen.
Die Gewebetypisierung ist erst nach abgeschlossener Todesdiagnostik zulässig.
Voraussetzung ist ebenfalls eine vorherige Zustimmung des Patienten bzw. der Patientin oder der Angehörigen wie bei der Organspende. Für die Durchführung der notwendigen Gespräche ist der jeweils diensthabende Stationsarzt bzw. die jeweils diensthabende Stationsärztin verantwortlich. Es gelten die Festlegungen aus Teil II.
1. Fortbildung
Obligatorischen Teilnahme an EDHEP-Seminaren für Pflegende von Intensivstationen
Per 01.01.1999 ist die obligatorische (einmal in der beruflichen Tätigkeit) Teilnahme aller Pflegenden von Intensivstationen an den EDHEP-Seminaren zu sichern. Die Seminare werden bei Nachweis der erfolgten Teilnahme als Dienstzeit anerkannt. Sie sollen berufsübergreifend belegt werden. Sie dienen der Unterweisung zur Wahrnehmung pflegerischer Aufgaben im Zusammenhang mit der Umsetzung des Transplantationsgesetzes. Die Seminare werden durch das Transplantationszentrum Halle in Zusammenarbeit mit der Deutschen Stiftung Organtransplantation angeboten. Die Koordination der Teilnahme erfolgt unter Mitwirkung der Stationsleitungen und Fachleitungen der jeweiligen Kliniken.
2. Wahrung der Würde von Verstorbenen
a) Corneaspende
b) Organspende
Der Verstorbene bzw. die Verstorbene wird aus dem stationären Bereich dem OP-Personal übergeben. Damit ist auch das OP-Personal in die Pflicht genommen, für den Verstorbenen die Nachsorge zu realisieren.
Der Transplantationskoordinator bzw. die Transplantationskoordinatorin sichert die ärztliche Dokumentation in Zusammenarbeit mit dem befaßten Ärztlichen Dienst.
Aufgaben des Anästhesisten bzw. der Anästhesistin und der Anästhesiepflegekräfte:
Aufgaben des Chirurgen bzw. der Chirurgin und der OP-Pflegekräfte:
Aufgaben, die gemeinsam durch Anästhesie- und OP-Pflegekräfte geleistet werden:
Verfahrensweise im Universitätsklinikum Kröllwitz:
Verfahrensweise in der Magdeburger Straße:
Diese Klinikumsordnung tritt am Tage nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Martin-Luther-Universität Halle – Wittenberg in Kraft und ersetzt damit alle bis dahin bestehenden Dienstanweisungen.
Ausgefertigt
Prof.Dr.med. H.-G. Struck Ärztlicher Direktor |
B. Irmscher Verwaltungsdirektorin |
I. Horn, Dipl.-Krankenschwester Pflegedirektorin |
[Abbildung S. 8]
Protokoll zur Feststellung des Hirntodes
Name: ____________ Vorname: __________ geb.: __________ Alter: ___________
Klinik: _____________________________________________________________________
Untersuchungsdatum: __________ Uhrzeit: __________ Protokollbogen
Nr. ______
1. Voraussetzungen
1.1 Diagnose: _______________________________________________________________
Primäre Hirnschädigung: _____ supratentoriell ____ infratentoriell _____
Sekundäre Hirnschädigung: _______________________________________________
Zeitpunkt des Unfalls / Krankheitsbeginn: _______________________________
1.2 Folgende Feststellungen und Befunde bitte mit Ja oder Nein beantworten:
Intoxikation
ausgeschlossen: ( )ja ( )nein
Relaxation
ausgeschlossen: ( )ja ( )nein
Primäre Hypotherm
ausgeschlossen: ( )ja ( )nein
Metabolisches oder endokrinisches Koma
ausgeschlossen: ( )ja ( )nein
Schock
ausgeschlossen: ( )ja ( )nein
Systolischer Blutdruck gemessen: ______
mmHg
2. Klinische Symptome des Ausfalls der Hirnfunktion
2.1 Koma: __________________________________________________________________
2.2 Pupillen: weit/mittelweit
( )
Lichtreflex beidseits fehlt _________________________
2.3 Okulo-zephaler Reflex (Puppenkopf-Syndrom)
beidseits
fehlt _________________________
2.4 Korneal-Reflex beidseits fehlt _________________________
2.5 Trigeminus-Schmerz-Reaktion beidseits fehlt _________________________
2.6 Pharyngeal-/Tracheal-Reflex fehlt _________________________
2.7 Apnoe-Test bei art. PaCO2
_______________________________
3. Irreversibilitätsnachweis durch 3.1 oder 3.2
3.1 Beobachtungszeit:
Zum Zeitpunkt der hier protokollierten Untersuchungen
bestehen die oben
genannten Symptome seit _______ Stunden.
Weitere Beobachtung ist erforderlich
ja __________ nein __________
Mindestens 12 / 24 / 72 Stunden
3.2 ergänzende Untersuchungen:
3.2.1 Isoelektrische (Null-Linien-) EEG,
30 Minuten abgeleitet _____
_____ __________ __________ __________
ja nein Datum
Uhrzeit Arzt
3.2.2 frühe akustisch evozierte Hirnstammpotentiale Welle III-V
beidseitig
erloschen:
_____ _____ __________ __________ __________
ja nein Datum
Uhrzeit Arzt
3.2.3 Zerebraler Zirkulationsstillstand beidseits festgestellt durch
Dopplersonographie ______________________________________________
Perfusionsszintigraphie ______________________________________________
Zerebrale Angiographie
______________________________________________
Datum: __________ Uhrzeit: __________ Untersuchende Ärzte: ________________
________________
Abschließende Diagnose:
Aufgrund der obigen Befunde, zusammen mit den Befunden der Protokollbögen
Nr. _____, wird der Hirntod und somit der Tod des Patienten festgestellt
am: ____________ um ____________ Uhr.
Untersuchende Ärzte:
__________________________________
_________________________________
Name
Unterschrift
__________________________________
_________________________________
Name Unterschrift
Spenderformular
bitte bei jedem Verstorbenen ausfüllen
Patientenetikette
+---------------------------------+
Station:
___________________ |
|
|
|
Name des Patienten: ___________________ |
|
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|
Geschlecht:
___________________ |
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|
Todestag und Uhrzeit: ___________________ |
|
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|
Todesursache: ___________________
|
|
|
|
Hauptdiagnose: ___________________
|
|
+---------------------------------+
Eignung für Organspende:
( )Ja ( )Nein
Eignung für Augenhornhaut:
( )Ja ( )Nein
Kontraindikation: Intravenöse Drogensucht
Zusätzliche Kontraindikationen bei der Cornea-Spende:
1. Personen der CJK-Risikogruppen,
2. Personen, die an unklaren, nicht diagnostizierten Erkrankungen des
ZNS
verstorben sind,
3. Personen, die in psychiatrischen Anstalten verstorben sind.
Spenderausweis / Einwilligung: ( )Ja ( )Nein
mit Ausnahme von: ____________________________________________________________________
Gespräch über Organ- und Gewebespende
( ) keine Angehörigen bekannt ( ) Einwilligung nicht erfragt
Ablehnung weil _______________________________________________________________________
( )Zustimmung (Organisationszentrale, Telefon 03 45 / 2 02 51 83)
Die Zustimmung erfolgte durch:
( )Ehepartner, ( )Lebensgefährte,
( )volljährige Kinder, ( )Eltern,
( )Vater, ( )Mutter,
( )Vormund,
( )volljährige Geschwister,
( )Großeltern, (
)Familie,
( )andere vom Verstorbenen benannte Personen
Hatte der Zustimmende in den letzten zwei Jahren vor dem Tod des
Verstorbenen
zu diesem einen persönlichen Kontakt? (
)Ja ( )Nein
Name, Adresse, Telefon: _____________________________________________________________
_____________________________________________________________
_____________________________________________________________
_____________________________________________________________
Entscheidungsgrundlage:
Wille des Verstorbenen ( )mündlich, ( ) schriftlich, ( )mutmaßlich
Zustimmung zur Organspende:
( )Multiorgan- und Gewebespender
( )Nieren, ( )Leber, ( )Pankreas, ( )Herz, ( )Lungen,
( )Augenhornhaut/Augengewebe, ( )Herzklappen,
( )andere Gewebe
(Fakultativ) Zustimmung zur Venvendung von transplantationsuntauglichen
Organen
und Gewebe für wissenschaftliche Zwecke:
( )Ja
( )Nein ( )nicht erfragt
Bemerkungen:
___________________________________________________________________________________
___________________________________________________________________________________
___________________________________________________________________________________
Gesprächsführung durch: ( )behandelnder Arzt, ( ) Koordinator
Name, Funktion, Station:
__________________________________________________________
__________________________________________________________
__________________________________________________________
Datum: _________________
________________________
Unterschrift
[Abbildung S. 13]
Wissenschaftlicher Beirat der Bundesärztekammer:
in: Deutsches Ärzteblatt 95, Heft 30 (24.07.1998), Seite A-1861, Bekanntgabe
der Herausgeber: Bundesärztekammer
Dritte Fortschreibung 1997 mit Ergänzungen gemäß Transplantationsgesetz (TPG)
Das am 1. Dezember 1997 in Kraft getretene Transplantationsgesetz weist
der Bundesärztekammer eine Fülle neuer Aufgaben zu.
Nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 "stellt die Bundesärztekammer den
Stand der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft in Richtlinien für
die Regeln zur Feststellung des Todes nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 und die
Verfahrensregeln zur Feststellung des endgültigen nicht behebbaren
Ausfalls der Gesamtfunktion des Großhirns, des Kleinhirns und des
Hirnstamms nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 [...] fest." § 5 Abs. 1
erfordert eine formale Ergänzung der 1997 vom Wissenschaftlichen Beirat
der Bundesärztekammer veröffentlichten dritten Fortschreibung
der "Kriterien des Hirntodes". Demgemäß wird der bisherige
Text mit den rechtlich erforderlich gewordenen Ergänzungen veröffentlicht.
Die Einfügungen sind in den jeweiligen Abschnitten durch Fettdruck
kenntlich gemacht.
Die folgenden Richtlinien sind verpflichtende Entscheidungsgrundlagen
für den Arzt, der die unteilbare Verantwortung für die Feststellung
des Hirntodes trägt.
Mit dem Hirntod ist naturwissenschaftlich-medizinisch der Tod des Menschen
festgestellt. Wird vom Arzt ein äußeres sicheres Zeichen des
Todes festgestellt, so ist damit auch der Hirntod nachgewiesen.
Die Erfüllung der Voraussetzungen, die obligate Feststellung von Bewußtlosigkeit (Koma), Hirnstamm-Areflexie und Atemstillstand (Apnoe) sowie die vorgesehenen
Beobachtungszeiten oder geeignete ergänzende Untersuchungen geben
dem Arzt die Sicherheit, den Hirntod festzustellen und zu dokumentieren.
Der Hirntod kann in jeder Intensivstation auch ohne ergänzende apparative
Diagnostik festgestellt werden. Die Besonderheiten im Kindesalter werden
im Abschnitt 4, die Besonderheiten bei primären infratentoriellen
Hirnschädigungen in Anmerkung 6 beschrieben.
Der Hirntod wird definiert als Zustand der irreversibel erloschenen Gesamtfunktion des Großhirns, des Kleinhirns und des Hirnstamms. Dabei wird durch kontrollierte Beatmung die Herz- und Kreislauffunktion noch künstlich aufrechterhalten.
Die Diagnose des Hirntodes erfordert
1. Voraussetzungen
Das diagnostische Vorgehen wird nachfolgend beschrieben und ist in der Abbildung skizziert.
Praktische Entscheidungsgrundlagen
1.1. Vorliegen einer akuten schweren primären oder sekundären
Hirnschädigung.
Bei den primären Hirnschädigungen ist zwischen supratentoriellen
und infratentoriellen Schädigungen zu unterscheiden (Anmerkung 1).
1.2. Ausschluß von Intoxikation, dämpfender Wirkung von Medikamenten, neuromuskulärer Blockade, primärer Unterkühlung, Kreislaufschock, Koma bei endokriner, metabolischer oder entzündlicher Erkrankung als mögliche Ursache oder Mitursache des Ausfalls der Hirnfunktion im Untersuchungszeitraum (Anmerkung 2).
2. Klinische Symptome des Ausfalls der Hirnfunktion (Anmerkung 3a und 3b)
2.1. Bewußtlosigkeit (Koma);
2.2. Lichtstarre beider ohne Mydriatikum mittel- bis maximal weiten Pupillen;
2.3. Fehlen des okulo-zephalen Reflexes;
2.4. Fehlen des Kornealreflexes;
2.5. Fehlen von Reaktionen auf Schmerzreize im Trigeminusbereich;
2.6. Fehlen des Pharyngeal- und Trachealreflexes;
2.7. Ausfall der Spontanatmung (Anmerkung 3b).
Die übrige neurologische und vegetative Symptomatik ist zu berücksichtigen (Anmerkung 4).
Die Erfüllung der Voraussetzungen (siehe 1.) und alle geforderten klinischen Symptome (siehe 2.) müssen übereinstimmend und unabhängig von zwei qualifizierten Ärzten (Anmerkung 5) festgestellt und dokumentiert werden (siehe Protokollbogen).
3. Nachweis der Irreversibilität der klinischen Ausfallsymptome
Bei primären supratentoriellen oder bei sekundären Hirnschädigungen muß die Irreversibilität der klinischen Ausfallsymptome nachgewiesen werden entweder
Bei primären infratentoriellen Hirnschädigungen (siehe Anmerkung 1) kann der Hirntod erst beim Vorliegen eines Null-Linien-EEGs oder beim Nachweis des zerebralen Zirkulationsstillstandes festgestellt werden.
3.1. Zeitdauer der Beobachtung
Die Irreversibilität des Hirnfunktionsausfalls und damit der Hirntod ist erst dann nachgewiesen, wenn die klinischen Ausfallsymptome (siehe 2.) bei Erwachsenen und bei Kindern ab dem dritten Lebensjahr
nachgewiesen worden sind.
3.2. Ergänzende Untersuchungen
Sie können nicht allein den irreversiblen Hirnfunktionsausfall nachweisen. Die Irreversibilität der klinischen Ausfallsymptome (siehe 2.) kann - außer durch die Verlaufsbeobachtung - alternativ nachgewiesen werden durch:
3.2.1. EEG
Ergibt eine standardisierte EEG-Ableitung eine hirnelektrische Stille (Null-Linien-EEG, Anmerkung 6), so kann die Irreversibilität des Hirnfunktionsausfalls ohne weitere Beobachtungszeit festgestellt werden.
3.2.2. Evozierte Potentiale
Bei primären supratentoriellen und bei sekundären Hirnschädigungen kann unter bestimmten Bedingungen das Erlöschen der intrazerebralen Komponenten der frühen akustischen oder der zerebralen und der hochzervikalen Komponenten der somatosensibel evozierten Potentiale (FAEP, SEP) die Irreversibilität des Hirnfunktionsausfalls beweisen und eine weitere Beobachtungszeit ersetzen (Anmerkung 7).
3.2.3. Zerebraler Zirkulationsstillstand
Dieser kann bei ausreichendem Systemblutdruck mittels Dopplersonographie
oder durch zerebrale Perfusionsszintigraphie nachgewiesen werden (Anmerkung
8).
Bei zerebralem Zirkulationsstillstand kann die Irreversibilität des
Hirnfunktionsausfalls ohne weitere Beobachtungszeit festgestellt werden.
Wurde bei einer zur Klärung der Art der Hirnschädigung oder zur Therapieentscheidung durchgeführten selektiven Angiographie (Anmerkung 8) ein zerebraler Zirkulationsstillstand nachgewiesen, so kann die Irreversibilität des Hirnfunktionsausfalls ohne weitere Beobachtungszeit festgestellt werden.
Trotz irreversibel erloschener Gesamtfunktion des Gehirns kann seine Zirkulation teilweise erhalten sein, wenn der intrakranielle Druck nicht stark genug angestiegen ist, z.B. bei großen offenen Schädel-Hirnverletzungen, aber auch bei sekundären Hirnschäden. Es muß dann die Irreversibilität des Hirnfunktionsausfalls durch Verlaufsbeobachtung oder durch neurophysiologische Befunde nachgewiesen werden.
4. Besonderheiten bei Kindern vor dem dritten Lebensjahr
Bei Frühgeborenen (unter 37 Wochen postmenstruell) ist das den
Richtlinien zugrundeliegende Konzept der Hirntodfeststellung bisher nicht
anwendbar.
Bei reifen Neugeborenen (0-28 Tage), Säuglingen (29-365 Tage) und
Kleinkindern bis zum vollendeten zweiten Lebensjahr (366-730 Tage) gelten
die unter 1. genannten Voraussetzungen und die unter 2. beschriebenen klinischen
Ausfallsymptome. Ihre Überprüfung erfordert jedoch wegen der
reifungsbedingten pathophysiologischen Umstände besondere Kenntnisse
und Erfahrungen.
Die Beobachtungszeit der klinischen Ausfallsymptome beträgt unabhängig von ihrer Ursache
Die Irreversibilität der klinischen Ausfallsymptome ist nur dann nachgewiesen, wenn bei den erforderlichen mindestens zwei Untersuchungen jeweils zusätzlich
festgestellt worden ist.
Das Perfusionsszintigramm muß als ergänzende Untersuchung nur einmal, und zwar nach der zweiten klinischen Feststellung der Ausfallsymptome durchgeführt werden.
Anders als mit dem EEG befassen sich bisher nur wenige Literaturmitteilungen mit dem Nachweis der Irreversibilität der klinischen Ausfallsymptome im
1.1. Lebenshalbjahr mittels Untersuchung der FAEP oder Dopplersonographie,
1.2. Lebensmonat mittels Perfusionsszintigraphie.
Primäre Hirnschädigungen, insbesondere Hirnverletzungen, intrakranielle Blutungen, Hirninfarkte, Hirntumoren oder akuter Verschluß-Hydrozephalus, betreffen das Gehirn unmittelbar und strukturell.
Bei primären infratentoriellen Prozessen wird auf die Besonderheiten der Symptomfolge hingewiesen, die den Nachweis eines Null-Linien-EEGs (Anmerkung 6) oder des zerebralen Zirkulationsstillstandes (Anmerkung 8) zwingend erforderlich machen.
Sekundäre Hirnschädigungen betreffen das Gehirn mittelbar über den Stoffwechsel und können die Folge z.B. von Hypoxie, von kardial bedingtem Kreislaufstillstand oder langdauerndem Schock sein (vergleiche Kommentar).
Durch Vorgeschichte und Befund muß sichergestellt sein, daß keiner der unter 1.2. beschriebenen Faktoren die Ausfallsymptome zum Untersuchungszeitpunkt erklärt. Die Bedeutung zentral dämpfender Medikamente für die Ausfallsymptome läßt sich beurteilen durch die
Bei den hier diskutierten Hirnschädigungen gibt es derzeit für die Beurteilung medikamentöser Einflüsse auf bestimmte Befunde keine gesicherten Konzentrations-Wirkungsbeziehungen der meisten zentral dämpfenden Medikamente.
Im Zweifelsfall muß innerhalb der Hirntoddiagnostik ein zerebraler Zirkulationsstillstand nachgewiesen werden.
Der hier zu fordernde Koma-Grad ist definiert als Bewußtlosigkeit ohne Augenöffnung und ohne andere zerebrale Reaktion auf wiederholten adäquaten Schmerzreiz (Anmerkung 4).
Starker Druck auf die supraorbitalen Nervenaustrittspunkte oder Schmerzreize an der Nasenschleimhaut lösen keine motorische und keine vegetative Reaktion aus.
(Cave: Gesichtsschädelverletzungen)
Bei dem okulo-zephalen Reflex fehlt bei plötzlicher, passiver Kopf-Seitwärtsdrehung (Cave: HWS-Instabilität) die normale Bulbus-Abweichung zur Gegenseite (Puppenkopfphänomen) und jede andere Augenbewegung. Alternativ kann eine beiderseitige kalt-kalorische Vestibularisprüfung vorgenommen werden; auch dabei muß jede Augenbewegung fehlen.
Wartezeit zwischen den Spülungen beider Seiten: 5 Minuten.
Prüfung des Pharyngealreflexes durch mehrfache Spatelberührung im Rachen, des Trachealreflexes durch Reiz mit einem in den Trachealtubus bis zur Carina eingeführten Katheter.
Der Apnoe-Test ist für die Feststellung des Hirntodes obligatorisch. Er kann wegen der physiologischen Wirkungen der Hyperkapnie erst als letzte klinische Untersuchung des Hirnfunktionsausfalls durchgeführt werden. Ein zentraler Atemstillstand liegt vor, wenn bei bisher gesunden Menschen bei einem PaCO2 60 mmHg keine Eigenatmung einsetzt. Die Hyperkapnie von mindestens 60 mmHg kann je nach einer O2-Gaswechselstörung entweder durch Diskonnektion vom Respirator oder durch Hypoventilation herbeigeführt werden. Hinreichende Oxygenation ist durch intratracheale O2-Insufflation oder Beatmung mit reinem O2 zu gewährleisten.
Für Patienten, deren Eigenatmung aufgrund kardio-pulmonaler Vorerkrankungen
an einen CO2-Partialdruck von mehr als 45 mmHg adaptiert ist,
gibt es keine allgemein anerkannten Werte des PaCO2 für
den Apnoe-Test. In diesen Fällen ist der Funktionsausfall des Hirnstamms
zusätzlich durch apparative Untersuchungen zu belegen (siehe 3). Dies
gilt auch, wenn ein Apnoe-Test wegen Thorax-Verletzungen oder ähnlicher
Traumata nicht durchführbar ist.
Auch bei Anenzephalen muß innerhalb der Hirntod-Diagnostik der Atemstillstand
nachgewiesen werden.
Beim Hirntoten können spinale Reflexe und Extremitäten-Bewegungen (beispielsweise: Lazarus-Zeichen) sowie die Leitfähigkeit des peripheren Abschnittes von Hirnnerven, die periphere Erregbarkeit und spontane Entladungen im Elektromyogramm der Gesichtsmuskeln vorübergehend noch erhalten bleiben oder wiederkehren, solange der Körper-Kreislauf und die Beatmung aufrechterhalten werden. Der über den Hirnstamm verlaufende Blinzelreflex erlischt klinisch mit der Hirnstamm-Areflexie.
Diagnostische Einschränkungen durch Blutdruckanstieg oder Fieber sind nicht bekannt geworden. Mit Eintritt des Hirntodes kann, je nach Temperatur von Umgebung und Beatmungsluft, die Körper-Kerntemperatur abfallen. Der Zeitpunkt des Auftretens eines Diabetes insipidus variiert; sein Fehlen schließt die Diagnose des Hirntodes nicht aus. Das Fortbestehen einer Schwangerschaft widerspricht nicht dem eingetretenen Hirntod der Mutter. Eine Schwangerschaft wird endokrinologisch von der Plazenta und nicht vom Gehirn der Mutter aufrechterhalten.
Die beiden den Hirntod feststellenden und dokumentierenden Ärzte müssen gemäß den Anforderungen der "Richtlinien zum Inhalt der Weiterbildung" über eine mehrjährige Erfahrung in der Intensivbehandlung von Patienten mit schweren Hirnschädigungen verfügen.
Nach dem endgültigen, nicht behebbaren Stillstand von Herz und Kreislauf kann der Hirntod von jedem approbierten Arzt durch äußere sichere Todeszeichen (zum Beispiel Totenflecke, Totenstarre) indirekt nachgewiesen werden.
Das EEG soll in Anlehnung an die Richtlinien der Deutschen Gesellschaft für klinische Neurophysiologie abgeleitet werden und muß von einem darin erfahrenen Arzt kontrolliert und beurteilt werden:
Die Registrierung muß mindestens 30 Minuten kontinuierlich, einwandfrei auswertbar und artefaktarm erfolgen.
Abgeleitet werden kann mit Klebe- oder mit Nadelelektroden. Stahlnadelelektroden können Polarisationseffekte zeigen. Daher muß für die gewählte Kombination aus Verstärker und Elektrode eine technisch stabile EEG-Ableitung über entsprechend lange Zeiten sichergestellt sein.
Die Ableitung soll mit der Verstärkereinstellung von 5 beziehungsweise 7 µV/mm begonnen werden. Die der Beurteilung zugrunde liegenden mindestens 30minütigen EEG-Abschnitte müssen mit höherer Verstärkung, teilweise mit einer Empfindlichkeit von wenigstens 2 µV/mm aufgezeichnet werden. Bei digitaler EEG-Technik muß die Auswertung mit einer Auflösung von 2µV/mm möglich sein. Die Geräteeichung soll mit einem Signal erfolgen, dessen Höhe der Amplitude des zu erwartenden Signals entspricht, z.B. 20 µV bei einer Empfindlichkeit von 2 µV/mm. Die Eichsignale müssen am Beginn, bei jeder Änderung und am Ende der Ableitung aufgezeichnet werden.
Steht kein entsprechend kleines Eichsignal zur Verfügung, muß das Eichsignal mit der Standardeinstellung aufgezeichnet und jede Verstärkeränderung dokumentiert werden.
Der Rauschpegel des EEG-Gerätes muß so gering sein, daß eine sichere Abgrenzung von EEG-Potentialen um 2 µV möglich ist.
Die Ableitung muß mit mindestens 8 EEG-Kanälen erfolgen. Zusätzlich ist kontinuierlich das EKG aufzuzeichnen. Andere als EKG-Artefakte müssen sicher identifiziert und vom EEG abgegrenzt werden.
Zu Beginn der Ableitung soll die Funktionstüchtigkeit der einzelnen Verstärker durch das Auslösen von Artefakten (Berühren der Elektroden) überprüft werden.
Die Untersuchungen sollen in Anlehnung an die Richtlinien der Deutschen Gesellschaft für klinische Neurophysiologie durchgeführt werden und müssen von einem in der Methode erfahrenen Arzt ausgeführt und einwandfrei dokumentiert werden.
Folgende FAEP-Muster weisen bei primären supratentoriellen und bei sekundären Hirnschädigungen die Irreversibilität der klinischen Ausfallsymptome gemäß den Voraussetzungen nach:
1. Der progrediente, konsekutive Verlust der Wellen mit schließlich bilateralem Ausfall aller Komponenten,
2. der progrediente, konsekutive Ausfall der Wellen III-V mit ein- oder beidseitig erhaltenen Wellen I oder I und II,
2.1 isoliert erhaltene Wellen I oder I und II.
Stimulation: Geschirmte Kopfhörer mit überprüfter Reizpolarität und bekanntem, vom Hersteller belegten Frequenzgang (alternativ pneumatisch arbeitende Kopfhörer, wobei die Latenzen um die Laufzeit im Schlauch zu korrigieren sind).
2.2 Klickreize 100 µsec Dauer, Reizfrequenz 10-15 Hz, ungerade Wiederholungsrate,
2.3 Sog- und Druckreize müssen getrennt gemittelt und gespeichert werden; falls dies technisch nicht möglich ist, sollen nur Sogpulse verwendet werden,
2.4 Schalldruck 95 dB HL; kontralaterales Ohr mit 30 dB unter Klick-Schalldruck verrauschen.
Analysezeit: 10 ms, zur Artefaktabgrenzung (50 Hz) 20 ms.
Filtereinstellung (bei 6 dB/Oktave Filter): untere Grenzfrequenz 100-150 Hz, obere Grenzfrequenz 3000 Hz.
Elektrodenposition: Vertex (Cz), Referenz am ipsilateralen Ohrläppchen oder Mastoid (Welle I bei Ableitung mit Nadelelektrode aus dem Gehörgang besser zu identifizieren).
Elektroden: Sowohl Nadel- als auch Klebeelektroden. Der Elektrodenwiderstand soll 5 kW nicht überschreiten.
Mittelungsschritte: 1000-2000. Jede Messung muß mindestens einmal wiederholt werden, um die Wellen reproduzierbar zu belegen. Auf eine wirksame Artefaktunterdrückung ist zu achten.
Die hochzervikalen SEP erlöschen entsprechend dem kranio-kaudal fortschreitenden Zirkulationsausfall nicht notwendigerweise gleichzeitig mit dem EEG und den FAEP. Wenn keine Halsmarkschädigung vorliegt, weisen folgende SEP-Muster bei primären supratentoriellen und bei sekundären Hirnschädigungen die Irreversibilität der klinischen Ausfallsymptome gemäß den Voraussetzungen nach:
Stimulation: Rechteckimpulse, Dauer 0,1-0,2 ms, Frequenz 3-5 Hz, Reizstärke 2-3 mA über der motorischen Schwelle, Kathode proximal.
Analysezeit: Bei Armnerven-Stimulation 40-50 ms, bei fehlender Reizantwort zu verdoppeln.
Filtereinstellung (bei 6 dB/Oktave Filter): untere Grenzfrequenz für kortikales SEP 5-10 Hz, für spinales SEP 20-50 Hz; obere Grenzfrequenz 1000-2000 Hz.
Elektrodenposition: Referenz Fz: Erb'scher Punkt, Dornfortsätze C7 und C2, kortikal C3', C4'; Referenz Hand: C3', C4'.
Elektrodenarten: Sowohl Nadel- als auch Klebeelektroden, Elektrodenwiderstand nicht über 5 kW.
Mittelungsschritte: 512-2048, mindestens einmal reproduziertes Potential. Auf eine wirksame Unterdrückung von Artefakten ist zu achten.
Der irreversible Hirnfunktionsausfall ist meistens Folge eines zerebralen Zirkulationsstillstandes. Bei großen offenen Schädel-Hirnverletzungen und vereinzelt bei sekundären Hirnschädigungen kommt es aber, wenn der intrakranielle Druck nicht stark genug ansteigt, nicht zu einem zerebralen Zirkulationsstillstand. In diesen Fällen ist die Irreversibilität des Hirnfunktionsausfalls entweder durch Verlaufsbeobachtung oder neurophysiologische Befunde nachzuweisen.
Dopplersonographie
Der zerebrale Zirkulationsstillstand kann mit der Dopplersonographie durch transkranielle Beschallung der Hirnbasisarterien und Untersuchung der extrakraniellen hirnversorgenden Arterien von einem in dieser Methode speziell erfahrenen Untersucher bewiesen werden, wenn bei mindestens zweimaliger Untersuchung im Abstand von wenigstens 30 Minuten einer der folgenden Befunde beidseitig dokumentiert wird:
Biphasische Strömung (oszillierende Strömung) mit gleich ausgeprägter antero- und retrograder Komponente oder kleine frühsystolische Spitzen, die kleiner als 50 cm/s sind, und sonst fehlende systolische und diastolische Strömung in den Aa. cerebri mediae, Aa. carotides internae intrakraniell, sowie in den übrigen beschallbaren intrakraniellen Arterien und in den extrakraniellen Aa. carotides internae und Aa. vertebrales.
Ein Fehlen der Strömungssignale bei transkranieller Beschallung der Hirnbasisarterien kann nur dann als sicheres Zeichen eines zerebralen Kreislaufstillstandes gewertet werden, wenn derselbe Untersucher einen Signalverlust bei zuvor eindeutig ableitbaren intrakraniellen Strömungssignalen dokumentiert hat und an den extrakraniellen hirnversorgenden Arterien ebenfalls ein zerebraler Kreislaufstillstand nachweisbar ist.
Perfusionsszintigraphie
Hierbei müssen Radiopharmaka verwendet werden, deren diagnostische
Sicherheit validiert worden ist wie das Tc-99m-Hexamethylpropylenaminoxim
(HMPAO).
Statische Szintigraphien erfassen die Gewebsdurchblutung durch den über
viele Stunden in nahezu unveränderter Konzentration "getrappten"
hydrophilen Tracer.
Die fehlende Aufnahme des Radiopharmakons kann nicht medikamentös oder stoffwechselbedingt sein.
Szintigraphische Kriterien des Hirntodes sind die fehlende Darstellung der zerebralen Gefäße, der zerebralen Perfusion und der Anreicherung im Hirngewebe.
Die Szintigraphie muß in verschiedenen Ansichten und kann auch in tomographischer Technik erfolgen. Nach Bolusinjektion des Radiopharmakons erfolgt zunächst die Darstellung der großen kranialen Gefäße von ventral, anschließend erfolgen statische Szintigraphien zur Erfassung der Gewebsdurchblutung.
Eine Qualitätskontrolle soll in vitro durch die Bestimmung der
Markierungsausbeute (möglichst größer als 90 Prozent) mittels
Dünnschichtchromatographie erfolgen.
Zusätzlich sollte durch Szintigraphien von Thorax und Abdomen die
Prüfung der physiologischen Verteilung des Radiopharmakons als in
vivo Qualitätskontrolle vorgenommen werden.
Angiographie
Die Indikationsstellung zur selektiven arteriellen Angiographie setzt Möglichkeiten therapeutischer Konsequenzen voraus.
Bei einer selektiven arteriellen Angiographie entsprechend 3.2.3. muß eine Darstellung beider Karotiden und des vertebrobasilären Kreislaufs erfolgen. Wenn dabei ein eindeutiger Stillstand des injizierten Kontrastmittels an der Hirnbasis oder im Anfangsteil der großen Hirnarterien erkennbar ist, so liegt ein zerebraler Zirkulationsstillstand vor. Dabei muß die Lage des Katheters dokumentiert sein und bei der Untersuchung von Erwachsenen ein ausreichender arterieller Blutmitteldruck > 80 mmHg, bei Kindern bis zur Pubertät > 60 mmHg bestanden haben.
Kommentar
Etwaige Zweifel an klinischen oder ergänzenden Untersuchungsbefunden erfordern in jedem Falle weitere Beobachtung und Behandlung.
Die auf wenige Minuten begrenzte Wiederbelebungszeit des Gehirns ist grundsätzlich kürzer als diejenige des Herzens. Zeitgrenzen für die Irreversibilität eines elektrokardiographisch als Kammerflimmern oder Asystolie dokumentierten Herzstillstandes können wegen der stark variablen Bedingungen nicht angegeben werden. In jedem Fall führt ein Herz-Kreislaufstillstand früher zum Hirntod als zur Irreversibilität des Herzstillstandes.
Todeszeitpunkt
Festgestellt wird nicht der Zeitpunkt des eintretenden, sondern der Zustand des bereits eingetretenen Todes. Als Todeszeit wird die Uhrzeit registriert, zu der die Diagnose und Dokumentation des Hirntodes abgeschlossen sind.
Geltungsbereich und Protokollierung
Die beschriebene Todesfeststellung durch Nachweis des Hirntodes ist unabhängig von einer danach medizinisch möglichen Organentnahme.
Die zur Diagnose des Hirntodes führenden klinischen und apparativen ergänzenden Untersuchungsbefunde sowie alle Umstände, die auf ihre Ausprägung Einfluß nehmen können, müssen mit Datum und Uhrzeit sowie den Namen der untersuchenden Ärzte dokumentiert werden. Die Aufzeichnung der Befunde ist auf dem Protokollbogen (siehe Muster) vorzunehmen; dieser ist im Krankenblatt zu archivieren. Auch der indirekte Nachweis des Hirntodes durch äußere sichere Todeszeichen muß von zwei Ärzten bestätigt werden. Diese Bestätigung (s. "Hinweise zu Organ- und Gewebeentnahmen bei toten Spendern gemäß Transplantationsgesetz" ist zusammen mit der amtlichen Todesbescheinigung (Leichenschauschein) aufzubewahren.
Die Protokollierung über Ort, Zeit und Teilnehmer des zu führenden
Gespräches mit den Angehörigen ist notwendig.
(Deutsches Ärzteblatt 95 Seite: B-1516)
Das Transplantationsgesetz macht in § 3 Abs. 1 die Todesfeststellung, in § 3 Abs. 2 Nr. 2 die Hirntodfeststellung zur unerläßlichen Voraussetzung jeder Organ- und Gewebeentnahme bei toten Spendern.
Die Todesfeststellung muß nach den "Regeln", die Hirntodfeststellung nach den "Verfahrensregeln" erfolgen, "die dem Stand der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft entsprechen".
Die Forderung an die Todesfeststellung wird sowohl durch den Nachweis des Hirntodes, des inneren sicheren Todeszeichens, als auch durch den Nachweis äußerer sicherer Todeszeichen erfüllt, wobei die Hirntodfeststellung gemäß den "Richtlinien zur Feststellung des Hirntodes" des wissenschaftlichen Beirates der Bundesärztekammer erfolgen muß (§ 16 Abs. 1 Nr. 1 TPG) .
Wenn der Tod durch den Nachweis des Hirntodes festgestellt wurde, erfüllt
die vorgeschriebene Protokollierung die beiden Bestimmungen gemäß
§ 3 Abs. 1 Nr. 2 und § 3 Abs. 2 Nr. 2 des Tranplantationsgesetzes.
Unabhängig davon muß die amtliche Todesbescheinigung (Leichenschauschein)
zusätzlich ausgestellt werden.
Wenn der Tod durch äußere sichere Todeszeichen festgestellt
wurde, ist damit auch der Hirntod nachgewiesen. Gleichwohl muß infolge
von § 3 Abs. 2 Nr. 2 in Verbindung mit § 5 Abs. 1 TPG auch der
indirekt nachgewiesene Hirntod von zwei Ärzten bestätigt werden,
wenn Organe und Gewebe zur Transplantation entnommen werden sollen. Die
Bestätigung (siehe Muster) ist entsprechend der allgemeinen Aufbewahrungspflicht
nach § 10 (Muster)Berufsordnung 1997 zu archivieren und ersetzt nicht
die amtliche Todesbescheinigung.
Alle Vorschriften des TPG über die Entnahme von Organen und Geweben bei toten Spendern einschließlich der Vorschriften über die Information oder die Befragung der Angehörigen und einschließlich der Dokumentationspflichten gelten unabhängig von Ort und Zeit des ärztlichen Eingriffs nach der Todesfeststellung und damit beispielsweise auch für die Hornhautentnahme in Instituten der Rechtsmedizin, der Pathologie oder in anderen Einrichtungen.
BESTÄTIGUNG
Bei Frau/Herr _________________________________________________
Geb. _________________________________________________
habe ich am _________________________________________________
um _________________________________________________
als äußeres sicheres Todeszeichen
________________________________________________________________
festgestellt.
Damit ist der Tod und auch der endgültige, nicht behebbare
Ausfall der
Gesamtfunktion des Gehirns nachgewiesen.
Halle (Saale), den __________________
Untersuchender Arzt:
__________________________________ _________________________
Name
Unterschrift
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Die CJK des Menschen, eine Untergruppe der transmissiblen spongiformen Enzephalopathien (TSE bzw. Prionkrankheit), führt innerhalb von zwei Monaten bis zwei Jahren nach Krankheitsbeginn durch Degeneration von Nervenzellen im Zentralnervensystem zum Tode.
Sie zeigt keine spezifischen Geschlechtsunterschiede und betrifft vorwiegend Personen im Alter zwischen 50 und 75 Jahren. Die Aggregation eines durch Proteinaseresistenz und einen hohen Anteil an ß-Faltblattstrukturen gekennzeichneten Prionproteins ist charakteristisch für den krankhaften Verlauf und histologisch nachweisbar als neuropathologische Veränderungen in Form einer spongiösen Degeneration der grauen Substanz, des Verlustes von Neuronen und von Astrozytenproliferationen in Kortex und Basalganglien.
Die Erkrankung tritt mit einer jährlichen Inzidenz von 1,5 Fällen / eine Million Einwohner auf und man unterscheidet eine sporadische Form (etwa 85% der Fälle ), die möglicherweise durch eine spontane Konformationsänderung des Prionproteins oder auch eine Mutation im Prionprotein-Gen ausgelöst wird, von einer familiären, autosomal-dominant vererbten Form (etwa 10-15% der Fälle), der Mutationen an verschiedenen Positionen des Prionprotein-Gens zugrunde liegen. Daneben nimmt mit weniger als 5% der Fälle die iatrogene Form der CJK den geringsten Teil ein. Sie entsteht nach Übertragung des ursächlichen Agens über medizinische oder chirurgische Behandlung unter Benutzung von kontaminierten Materialien, z.B. chirurgischen Instrumenten, aber auch durch die Gabe von humanen Hypophysenhormonen oder Dura mater- und Cornea-Transplantate .
Eine neue Variante der CJK wurde erstmals im März 1996 beschrieben und hängt höchstwahrscheinlich mit der Exposition zum BSE-Agens zusammen. Die meisten Fälle traten in Großbritannien auf und zeigten sich vorwiegend bei jungen Patienten mit verlängerter Verlaufsform.
Das Übertragungsrisiko für medizinisches Personal oder Dritte wird abgeleitet von der Wahrscheinlichkeit, mit der bei einem Patienten eine CJK vorliegt.
Dabei geht nicht von allen Geweben eines CJK-Kranken eine gleich große Infektionsgefahr aus. Legt man bei der Einteilung der Gewebe in Risikoklassen überwiegend die bei Tieren erhobenen Daten zugrunde, ergibt sich:
Aus dieser Verteilung ergibt sich für transplantable Organe und Gewebe ein erhöhtes Risiko von Eingriffen an und Übertragungen von Hirn-, Rückenmark- und Augengewebe, aber auch von Milz, Ileum, Kolon und Dura mater. Gering wird dagegen das Risiko für Knochenmark, Leber, Lunge, Pankreas und sehr gering für Herz, Niere, Skelettmuskulatur, Blut und Blutgerinnsel, Knochen, Sehnen, Bindegewebe und Haut eingeschätzt.
Vermeidung von CJK-Übertragungen durch Transplantationen
Zur Vermeidung von CJK-Übertragungen sollten die folgenden Personengruppen von der Organ-, Gewebe- und Blutspende ausgeschlossen werden:
Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (CJK) bzw. humane übertragbare (transmissible)
spongiforme Enzephalopathien (TSE)
Bundesgesundheitsblatt 41, 2 (1998) 78-83
Creutzfeldt-Jakob-Krankheit
Bundesgesundheitsblatt 41, 3 (1998) 128-130
D. Simon und G. Pauli
Krankenversorgung und Instrumentensterilisation bei CJK-Patienten und CJK-Verdachtsfällen
Bundesgesundheitsblatt 41, 7 (1998) 279-285