MARTIN-LUTHER-UNIVERSITÄT HALLE -WITTENBERG
Amtsblatt
8. Jahrgang, Nr. 1 vom 22. Dezember 1998, S. 11
vom 14.07.1998
Mit Rundbrief des Kanzlers vom 10.06.1997 wurde auf das neue Arbeitsschutzgesetz, verwiesen. Gleichzeitig wurden verschiedene Schwerpunkte des Gesetzes dargestellt.
Die in der Folge erlassene Richtlinie des Ministeriums für Arbeit, Soziales und Gesundheit (MBl. LSA Nr. 30 vom 07. Juli 1997, S. 1197) zur Durchführung des Arbeitssicherheitsgesetzes hat das Kultusministerium des Landes Sachsen-Anhalt in einem Runderlaß an die Hochschulen des Landes vom 04.06.1997 - eingegangen am 29.07.1997 - zu folgenden ergänzenden Hinweisen veranlaßt:
"Am 21.08.1996 ist das neue Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) - als Art. 1 des Gesetzes zur Umsetzung der EG- Rahmenrichtlinie Arbeitsschutz und weiterer Arbeitsschutzrichtlinien vom 07.08.1996 (BGBl. I, 1246) - in Kraft getreten. Das Arbeitsschutzgesetz ist ein Rahmengesetz, das die wesentlichen Basisvorschriften für den Arbeitsschutz in den verschiedenen Bereichen der Industrie, des Handels und der Dienstleistungsunternehmen sowie des öffentlichen Dienstes vorgibt. Das Ministerium für Arbeit, Soziales und Gesundheit hat einen gemeinsamen Runderlaß zur Durchführung des Arbeitssicherheitsgesetzes in den Behörden der Landesverwaltung Sachsen-Anhalt vorbereitet. In dem Entwurf dieser Richtlinien zur Durchführung des Arbeitssicherheitsgesetzes werden verbindliche Festlegungen für die Ministerien und Verwaltungen des Landes Sachsen-Anhalt einschließlich ihrer nachgeordneten Einrichtungen (im folgenden Behörden genannt) getroffen. In dieser Bezeichnung Behörden ist in einer Fußnote im gemeinsamen Runderlaß ausgeführt: Der Begriff Behörde wird im gesamten Erlaß als Synonym für Arbeitgeber im Sinne des Arbeitssicherheitsgesetzes verwendet. Es wird damit derjenige bezeichnet, der seinen Arbeitgeberpflichten nachkommen muß.
Die bevorstehende Veröffentlichung des gemeinsamen Runderlasses der Obersten Landesbehörden des Landes Sachsen-Anhalt gibt Anlaß, auf die im Hochschulbereich bestehenden Besonderheiten hinzuweisen. Im Geschäftsbereich des Kultusministeriums ist Verpflichteter die jeweilige Hochschule als rechtsfähige Körperschaft des öffentlichen Rechts. Die Rechtsvorschriften des Gesundheits-, Arbeits-, Brand- und Umweltschutzes gelten auch für die wissenschaftlichen Einrichtungen der Hochschulen.
Unbeschadet der Gesamtverantwortung der Hochschulleitung für den Rechtsvollzug in der Hochschule ergeben sich durch die differenzierte Struktur der Hochschule auch besondere Verantwortungsbereiche aus der Leitung von wissenschaftlichen Einrichtungen und Betriebseinheiten und aus der selbständigen, eigenverantwortlichen Wahrnehmung von Aufgaben in Forschung und Lehre durch Professoren und Hochschuldozenten.
Innerhalb der Hochschule richtet sich die Verantwortung für die Einhaltung/Erfüllung der Umweltschutz- und Arbeitsschutz-Vorschriften nach der jeweiligen Leitungsfunktion. Mit der Leitungsfunktion, die im wesentlichen bestimmt wird durch die Verfügungsbefugnis über Ressourcen und Weisungsrechte gegenüber dem zugeordneten Personal ist die Verantwortung für Arbeitssicherheit und Umweltschutz für den Bereich verbunden, auf den die Leitungsbefugnis sich bezieht. Insoweit werden mit der Leitung eines Teilbereichs auch Arbeitgeber/Unternehmer/Betreiberpflichten im Sinne des Umwelt- und Arbeitsschutzes gegenüber Beschäftigten, Studierenden etc. übernommen, die aus der Befugnis resultieren, die Aufgaben der Mitarbeiter zu bestimmen, die zu erzielenden Arbeitsergebnisse festzulegen sowie Prioritäten hinsichtlich des Arbeitsumfanges und der Arbeitsweise und bezüglich des Mitteleinsatzes zu setzen.
Entsprechend den organisatorischen Besonderheiten an Hochschulen wird auf die Eigenverantwortlichkeit der Leiter der jeweiligen Organisationseinheit an der Hochschule besonders hingewiesen. Die daneben bestehende Organisationsverantwortung der Hochschulleitung macht es erforderlich, daß an den Hochschulen klarstellende Regelungen bezüglich der bestehenden Verantwortlichkeiten getroffen werden."
Zur Übernahme empfohlen wurden vom Kultusministerium die entsprechenden klarstellenden Regelungen der Universität Magdeburg.
Hinsichtlich der Verantwortlichkeiten im Umwelt- und Arbeitsschutz wird danach auf folgendes hingewiesen:
Die Rechtsvorschriften über den Gesundheits-, Arbeits-, Brand- und Umweltschutz (z.B. Unfallverhütungsvorschriften (UVV) der Unfallversicherungsträger, die für den Bereich der Eigenunfallversicherung des Landes Sachsen-Anhalt übernommen worden sind, Gefahrstoffverordnung, Strahlenschutzverordnung, Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz, Bundesimissionsschutzgesetz ...) sowie die ggf. auf ihrer Grundlage erlassenen amtlichen Erlaubnisse mit den ihnen beigefügten Auflagen bezüglich Grenzwerten etc. verpflichten über die Verfolgung allgemein formulierter Schutzziele hinaus zu einer Vielzahl konkreter Einzelmaßnahmen. Sie wenden sich an den "Arbeitgeber", "Unternehmer", "Inhaber eines Betriebes", "Betreiber einer Anlage", "Halter eines Kraftfahrzeuges" u.a. als dem Arbeitsgeschehen nächststehenden öffentlichrechtlich verpflichteten Rechtsträger.
Im Bereich der Hochschulen wird herkömmlicherweise als Verpflichtete die jeweilige Universität als rechtsfähige Körperschaft des öffentlichen Rechts angesehen, obwohl sie nach § 63 Abs. 1 des Hochschulgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt zugleich Einrichtung des Landes ist und zahlreiche staatliche Aufgaben wahrzunehmen hat. In diesem Umfang gelten die genannten Rechtsvorschriften des Gesundheits-, Arbeits-, Brand- und Umweltschutzes auch für die wissenschaftlichen Einrichtungen der Hochschulen, denn die von den Hochschulen und ihren Angehörigen einschließlich der Studierenden zu beanspruchende Freiheit der Forschung, der Lehre und des Studiums gemäß Artikel 5 Abs. 3 und Artikel 12 Abs. 1 des Grundgesetzes i.V.m. § 4 des Hochschulgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt besteht nur in den Grenzen der allgemeinen Grundrechte, also auch des Grundrechts der Beschäftigten einschließlich Studierenden und der Bevölkerung auf Leben und körperliche Unversehrtheit und der auf seiner Grundlage geltenden Gesundheits-, Arbeits-, Brand- und Umweltschutzvorschriften.
Innerhalb der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg richtet sich die Verantwortung, welche ggf. die zivilrechtliche Haftung und äußerstenfalls die strafrechtliche Einstandspflicht einschließt, für die Einhaltung/Erfüllung der Gesundheits-, Arbeits-, Brand- und Umweltschutzvorschriften nach der jeweiligen Leitungsfunktion. Mit der Leitungsfunktion, die im wesentlichen bestimmt wird durch die Verfügungsbefugnis über Ressourcen und durch Weisungsrechte gegenüber dem zugeordneten Personal, ist die Verantwortung für Arbeitssicherheit, Gesundheits-, Brand- und Umweltschutz für den einzelnen Bereich verbunden, auf den die Leitungsbefugnis sich jeweils bezieht. Unbeschadet der Rechte und Pflichten des Kanzlers gemäß Abschnitt III dieser Anweisung ergeben sich durch die differenzierte Struktur der Universität auch besondere Verantwortungsbereiche gemäß Abschnitt II dieser Anweisung aus der selbständigen, eigenverantwortlichen Wahrnehmung von Aufgaben in Forschung und Lehre und aus der Leitung von zentralen wissenschaftlichen Einrichtungen, zentralen Betriebseinheiten, wissenschaftlichen Einrichtungen und Betriebseinheiten der Fachbereiche und Fakultäten, aus der Leitung der Hochschulverwaltung, aus der selbständigen Leitung von Lehrveranstaltungen sowie aus besonderen Bestellungsakten.
Aus der unmittelbar durch Rechtsvorschrift, ggf. in Verbindung mit besonderem Auftrag, begründeten Leitungsfunktion hinsichtlich eines einzelnen Teilbereichs der Universität ergibt sich die bereichsspezifische Verantwortung für die Durchführung des Gesundheits-, Arbeits-. Brand- und Umweltschutzes als Teil der Leitungsfunktion. Insoweit werden mit der Leitung eines universitären Teilbereichs auch Arbeitgeber-/Unternehmer-/Betriebsinhaber-/Betreiber- und Halterpflichten im Sinne des Gesundheits-, Arbeits-, Brand- und Umweltschutzes gegenüber Beschäftigten, Studierenden etc. übernommen, die aus der Befugnis resultieren, die Aufgaben und den Einsatz der Mitarbeiter einschl. der Studierenden zu bestimmen, die zu erzielenden Arbeitsergebnisse festzulegen sowie Prioritäten hinsichtlich des Arbeitsumfangs und der Arbeitsweise und bezüglich des Mitteleinsatzes zu setzen.
(1) Die sich aus diesen Rechten und Pflichten ergebende unmittelbare Verantwortung erstreckt sich jeweils auf den gesamten Einzelleitungsbereich und umfaßt insbesondere:
(2) Innerhalb der Universität trifft diese unmittelbare Verantwortung im einzelnen:
(3) Rechte und Pflichten
(4) Besonders bestellte Verantwortliche:
(1) Unbeschadet der Rechte und Pflichten des Rektorats und unbeschadet seiner unmittelbaren Verantwortung gemäß Abschnitt II.2.6. sind der Kanzler und sein ständiger Vertreter für den Vollzug der Rechtsvorschriften des Gesundheits-, Arbeits-, Brand- und Umweltschutzes in der Universität organisationsverantwortlich.
Dazu gehört insbesondere:
(2) Widerspricht ein Hochschulangehöriger einer Maßnahme oder einer Unterlassung des Kanzlers unter ausdrücklichem Hinweis auf diese Vorschrift (III.2), entscheidet das Rektorat; wird der Widerspruch von einem/einer wissenschaftlich oder nichtwissenschaftlich Beschäftigten eingelegt, ist der zuständige Personalrat durch die Hochschulleitung zu informieren und nach den Bestimmungen des Landespersonalvertretungsgesetzes einzuschalten. Bei Gefahr für Leib, Leben, Gesundheit und für den ordnungsgemäßen Geschäftsgang kann die Maßnahme auch vollzogen werden, wenn ein Widerspruch vorliegt.
(3) Für den Bereich des Klinikums trägt der Verwaltungsdirektor die Organisationsverantwortung. Die Ziffern 1. und 2. dieses Abschnittes gelten entsprechend.
(1) Strafrechtliche Verantwortung
Die Verantwortlichen gemäß II.2. können bei Verstößen gegen Arbeitsschutzbestimmungen strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden. Hierbei ist zu beachten, daß nicht erst bei der Körperverletzungen oder bei Todesfällen dem Unternehmer oder den unternehmerischen Führungskräften strafrechtliche Verfolgung droht, sondern auch bei einer schwerwiegenden Gefährdung von Rechtsgütern, auf Grund verantwortungslosen Verhaltens.
(2) Schadenersatz- und Regreßansprüche
Bei Eintritt eines Arbeitsunfalls mit Körperverletzung oder Todesfolge eines Mitarbeiters in der Universität haftet der Unternehmer oder seine Führungskraft nach Maßgabe der §§ 104 und 105 SGB VII grundsätzlich nicht.
Schadenersatzansprüche der Betroffenen bzw. ihrer Hinterbliebenen gegen den Unternehmer bzw. seine Führungskräfte gemäß § 823 BGB bestehen dann, wenn der Arbeitsunfall durch den Unternehmer oder eine Führungskraft vorsätzlich herbeigeführt wurde.
Die Verantwortlichen gemäß II.2., die einen Arbeitsunfall durch Tun oder Unterlassen rechtswidrig und grob fahrlässig herbeiführen, müssen u.U. wegen der Folgen des Arbeitsunfalls und der für den gesetzlichen Unfallversicherungsträger damit verbundenen Leistungen und Aufwendungen mit einem Rückgriffanspruch durch den gesetzlichen Unfallversicherungsträger rechnen. Da die finanziellen Folgen des Rückgriffs durch den gesetzlichen Unfallversicherungsträger (durchschnittlich 8.000 bis 10.000 DM pro Unfall) für den Unternehmer oder die Führungskraft von erheblicher Tragweite sein können, ist jedem zu empfehlen, den Pflichten im Rahmen der Arbeitssicherheit übertragen sind (Mitglieder und Angehörige der Universität), eine Berufs-, Amts- o.ä. Haftpflichtversicherung abzuschließen.
Diese Allgemeine Verwaltungsvorschrift tritt am Tage nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Universität in Kraft.
Halle (Saale), 14. Juli 1998
W. Matschke
Kanzler
Anlage 1
Übersicht: Pflichtenübertragung
(1) Welche Arbeitsschutzpflichten kann der Unternehmer übertragen?
Grundsätzlich sind alle Sicherungspflichten übertragbar, z.B.
(2) Welche Pflichten des Unternehmers sind nicht übertragbar?
Pflicht zur Auswahl, Bestellung und Überwachung der Beauftragten - Oberaufsicht - (§ 130 OWIG.)
(3) Wer kann Pflichten der Unternehmer übertragen?
Anlage 2
Übersicht: Pflichtenübertragung
(1) Form der Übertragung der Unternehmerpflichten
Durch zweiseitige rechtsgeschäftliche und schriftliche Willenserklärung des Unternehmers und der Führungskräfte, z.B.
(2) Personen, denen Unternehmerpflichten übertragen werden können
Grundsätzlich keine Begrenzung des Personenkreises!
Abhängig von Größe, Organisation und Unfallgefahr, die von der Institution ausgeht.
Es kommen in Frage, unter Berücksichtigung der Bedeutung der Pflichten, insbesondere:
(3) Personen, denen grundsätzlich keine Unternehnehmerpflichten übertragen werden sollen
Anlage 3
Muster
Übertragung von Verantwortlichkeiten
(§§ 9 Abs. 2 Nr. 2 OWiG, 15 SGB VII, II.4.1. der Anweisung des Rektorats der Martin-Luther-Universität)
Herrn/Frau
werden für
(genaue Bezeichnung des Zuständigkeitsbereiches
des/der
(Name der Einrichtung)
die dem Unternehmer hinsichtlich des Arbeitsschutzes und der Unfallverhütung obliegenden Pflichten übertragen, in eigener Verantwortung
Dazu gehören insbesondere:
..........................................., | den |
(Unterschrift des Unternehmers) | (Unterschrift des Verpflichteten) |