Uni-Halle-Siegel

MARTIN-LUTHER-UNIVERSITÄT  HALLE -WITTENBERG

Amtsblatt
8. Jahrgang, Nr. 1 vom 22. Dezember 1998, S. 10


Senat

Richtlinien gegen sexuelle Diskriminierung, Belästigung und Gewalt

vom 21.10.1998

Die Universität hat sich im Gleichstellungsprogramm, das der Senat 1996 beschlossen hat, verpflichtet, Maßnahmen gegen sexuelle Diskriminierung, Belästigung und Gewalt zu ergreifen. Mit der vorliegenden Richtlinie soll diese Verpflichtung konkretisiert werden.

(1) Die Universität setzt sich innerhalb ihres Zuständigkeitsbereichs dafür ein, daß die Persönlichkeitsrechte von Menschen und deren individuelle Persönlichkeitsgrenzen respektiert und gewahrt werden. Sexuelle Diskriminierung, Belästigung und Gewalt stellen eine Verletzung der Persönlichkeitsrechte dar.

Sexuelle Diskriminierung, Belästigung und Gewalt kann sich gegen Frauen und Männer richten. Beiden ist der gleiche Schutz zu gewähren.

(2) Sexuelle Diskriminierung, Belästigung und Gewalt sind in der Universität und im außeruniversitären dienstlichen Umgang verboten. Sie schaffen ein einschüchterndes, streßbeladenes und entwürdigendes Arbeits- und Lernumfeld. Damit begründen sexuelle Diskriminierung, Belästigung und Gewalt nicht zuletzt gesundheitliche Risiken und stellen eine massive Beeinträchtigung der Persönlichkeitsrechte dar. Alle Mitglieder der Universität, insbesondere solche mit Ausbildungs-, Qualifizierungs- und Leitungsaufgaben in Lehre, Forschung, Ausbildung und Verwaltung haben in ihrem Arbeitsbereich aufgrund ihrer Fürsorgepflicht dafür zu sorgen, daß sexuell diskriminierendes Verhalten und Gewaltanwendung unterbleiben bzw. abgestellt werden. (vgl. auch § 2 Absatz 1 Beschäftigtenschutzgesetz: “Arbeitgeber und Dienstvorgesetzte haben die Beschäftigten vor sexueller Belästigung am Arbeitsplatz zu schützen. Dieser Schutz umfaßt auch vorbeugende Maßnahmen.”)

Sexuelle Diskriminierung, Belästigung und Gewalt unter Ausnutzung von Abhängigkeitsverhältnissen am Ausbildungs- oder Arbeitsplatz und im Studium unter Androhung persönlicher oder beruflicher Nachteile bzw. unter Zusage von Vorteilen werden als besonders schwerwiegend bewertet.

(3) Sexuelle Diskriminierung, Belästigung und Gewalt werden in vielfältiger Art und Weise ausgeübt.

Nach Maßgabe dieser Richtlinie gelten verbale und nonverbalen Verhaltens- und Handlungsweisen als sexuelle Diskriminierung, die von Frauen und Männern allgemein als sexuell herabwürdigend, beleidigend oder nötigend wahrgenommen oder von den Betroffenen erkennbar abgelehnt werden.

Dazu gehören z. B.:

(4) Die Universitätsleitung verpflichtet sich, Maßnahmen zur Verhinderung oder Abwendung sexueller Diskriminierung, Belästigung und Gewalt zu ergreifen und trägt die Verantwortung für die Einleitung und Durchführung der Maßnahmen. Sie läßt sich dabei von dem Gedanken leiten, daß die betroffenen Frauen und Männer keine Nachteile aus einer eventuellen Anzeige erleiden dürfen, daß der Belästiger oder die Belästigerin gegen den Arbeitsvertrag und gegen den Betriebsfrieden verstößt und daß die Universitätsleitung solche Verhaltensweisen auf keinen Fall toleriert.

Je nach Schwere der Belästigung sind Maßnahmen zu ergreifen wie:

Die Maßnahmen sollen dazu dienen, dem Belästiger oder der Belästigerin das Verbot derartiger Verhaltensweise vor Augen zu führen, ihm bzw. ihr gegebenenfalls Hilfe anzubieten und nötigenfalls arbeitsrechtliche Konsequenzen zu ziehen.

(5) Das Büro der Gleichstellungsbeauftragten, die Gleichstellungsbeauftragten der Fachbereiche und Fakultäten sowie der Personalrat fungieren neben dem Personalamt als Anlaufstelle für betroffene Personen. Maßnahmen sollen von der Dienststellenleitung in der Regel nicht gegen den Willen der von der sexuellen Diskriminierung Betroffenen eingeleitet werden. Bei Einwilligung der Betroffenen wird die Dienststellenleitung informiert, die letztlich die arbeitsrechtlichen Maßnahmen vornimmt.

Dies gilt nicht, wenn ein besonders schwerwiegender Fall vorliegt oder wenn zu befürchten ist, daß die Diskriminierung gegenüber Dritten fortgesetzt werden. Der bzw. die Betroffene hat das Recht, eine persönliche Beteiligung an dem eingeleiteten Verfahren abzulehnen.

Die Gleichstellungsbeauftragte kann Vorschläge zum Vorgehen im Einzelfall und zu den zu ergreifenden Maßnahmen einbringen.

Um eine Ausbildungs- und Arbeitsplatzatmosphäre zu gewährleisten, die eine sexuelle Belästigung nicht zuläßt, soll durch Informations-, Fort- und Weiterbildungsangebote eine Sensibilisierung aller Mitglieder der Universität erreicht werden.

Zu empfehlen ist die Bildung eines Vertrauensrates, der mehrheitlich mit Frauen zu besetzen ist. Er soll zusammengesetzt sein aus einem Mitglied des Personalrates, einem Mitglied des Personalamtes bzw. Justitiariates und drei Mitgliedern der Kommission für Gleichstellungsfragen.

Die Mitglieder des Vertrauensrates sollen betroffene Personen beraten und unterstützen.

Der Vertrauensrat sammelt die Fälle und unterrichtet in anonymisierter Form regelmäßig die universitäre Öffentlichkeit.

(6) Die Richtlinie tritt mit Veröffentlichung im Amtsblatt in Kraft.

Vom Akademischen Senat am 21.10.1998 verabschiedet.


» Impressum