Uni-Halle-Siegel

MARTIN-LUTHER-UNIVERSITÄT  HALLE -WITTENBERG

Amtsblatt
6. Jahrgang, Nr. 7 vom 17. Dezember 1996, S. 2


Senat

Gleichstellungsprogramm
der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

Inhalt:
A Maßnahmen zur Beseitigung von Benachteiligungen
B Organisation der Frauenförderung


Der Senat und die Hochschulleitung der Martin-Luther-Universität verpflichten sich mit diesem Programm, alle gesetzlichen (Gesetz zur beruflichen Förderung von Frauen im öffentlichen Dienst des Landes Sachsen-Anhalt "Frauenförde-rungsgesetz" vom Dezember 1993 / Frauenförderplan des Kultusministeriums 1994) und sonstigen Möglichkeiten auszuschöpfen, um die tatsächliche Gleichstellung der weiblichen und männlichen Mitglieder der Hochschule zu erreichen. Dabei wird die Notwendigkeit unterstrichen, mit Hilfe der im Programm festgelegten Maßnahmen (A) und der Organisation der Frauenförderung (B) den Abbau vorhandener Benachteiligungen von Frauen zu realisieren und gleiche Entwicklungsmöglichkeiten für Frauen und Männer sicherzustellen.

Der Senat und die Hochschulleitung setzen sich für die Schaffung solcher Bedingungen ein, die den weiblichen wie männlichen Universitätsangehörigen die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ermöglichen.

Entsprechend der der Universität in § 3 Abs. 5 HG LSA übertragenen Aufgaben beschließt der Senat folgende Grundsätze:

A Maßnahmen zur Beseitigung von Benachteiligungen

1. Strukturreform und Entwicklungsplanung der Universität

Im Rahmen der Strukturreform und der Entwicklungsplanung fordert der Senat die Fakultäten und Fachbereiche auf, Zielvorstellungen zur Erhöhung des Anteils von Frauen in Forschung und Lehre zu entwickeln und Maßnahmen zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses entsprechend der Lage in den einzelnen Fakultäten und Fachbereichen zu konkretisieren. Diese sind Bestandteil des regelmäßig zu erstellenden Entwicklungsplanes der Universität.

2. Förderung des weiblichen wissenschaftlichen Nachwuchses

(1) Die Martin-Luther-Universität verpflichtet sich, die Beratung der Studentinnen während des Studiums zu intensivieren und zu Promotionsvorhaben anzuregen.

(2) Bei der Einstellung von Tutoren und wissenschaftlichen bzw. studentischen Hilfskräften soll bei gleicher Qualifikation und Eignung die Unterrepräsentanz von Frauen als Auswahlkriterium berücksichtigt werden.

(3) Bei der Vergabe von Promotionsstipendien durch die Universität soll die Unterrepräsentanz von Frauen als Auswahlkriterium berücksichtigt werden.

(4) Habilitationsvorhaben sind zu fördern und die Wissenschaftlerinnen zu unterstützen.

(5) Besonders befähigte weibliche Berufstätige ohne Hochschulreife werden im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit der Hochschulen und der Gleichstellungsbeauftragten auf ihre Rechte, gemäß § 34 HG LSA für das Studium eine Studienbefähigung zu erwerben, hingewiesen.

(6) Die Martin-Luther-Universität strebt bei der Vergabe von Preisen für den wissenschaftlichen Nachwuchs die angemessene Berücksichtigung der Nachwuchswissenschaftlerinnen an. Die Gleichstellungsbeauftragte der Universität wirkt in der Preisvergabekommission mit.

3. Stellenbesetzungsverfahren

(1) Bei Stellenbesetzungen sollen sich die Fakultäten und Fachbereiche an ihren Zielvorstellungen entsprechend Abschnitt A 1 orientieren.

(2) Bei Personalentscheidungen sind die häufig sehr unterschiedlichen Berufsverläufe und Arbeitserfahrungen von Männern und Frauen im Hinblick auf ihre wissenschaftliche/berufliche Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen. Hierzu ist es notwendig, daß in den Gremien, die über Einstellungen und Berufungen zu entscheiden haben, Frauen in Zukunft stärker als bisher vertreten sind. Gleiches gilt bei der Besetzung von leitenden Positionen im Verwaltungsbereich.

3.1 Stellenausschreibung

(1) Mit den Stellenausschreibungen werden gleichermaßen Bewerberinnen und Bewerber angesprochen.

(2) Stellenausschreibungen erfolgen in der weiblichen und nachfolgend in der männlichen Stellenbezeichnung. Die erforderlichen Einstellungsvoraussetzungen werden im Ausschreibungstext exakt dargestellt.

(3) Stellenausschreibungen werden - sinngemäß - mit dem Zusatz versehen:

(4) In Bereichen, in denen Frauen unterrepräsentiert sind, wird den jeweils zuständigen Fakultäten und Fachbereichen sowie anderen wissenschaftlichen Einrichtungen empfohlen, im Vorfeld nach geeigneten Bewerberinnen zu suchen und diese zur Bewerbung aufzufordern.

(5) Im Fakultäts- bzw. Fachbereichsrat werden die Gleichstellungsbeauftragten über die Stellenausschreibungen vor Veröffentlichung informiert.

(6) Die Stellenausschreibungen werden der Gleichstellungsbeauftragten der Universität bzw. den Gleichstellungsbeauftragten der jeweilig betroffenen Fakultäten, Fachbereiche und zentralen Einrichtungen vom Geschäftsleitenden Beamten der Hochschulverwaltung über Verteiler zugestellt.

3.2 Verfahren bei Berufungen und Stellenbesetzungen

(1) Die Gleichstellungsbeauftragten der Fakultäten, Fachbereiche und der zentralen Einrichtungen sind über eingegangene Bewerbungen zu informieren.

(2) Alle formal für eine Stelle qualifizierten Bewerberinnen werden zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen. Sollte dies wegen der Vielzahl der eingegangenen Bewerbungen nicht möglich sein, sind mindestens ebensoviel qualifizierte Bewerberinnen wie Bewerber einzuladen. Unter den Beurteilenden im Auswahlverfahren soll sich mindestens eine Frau befinden.

(3) In den Berufungs- und Stellenbesetzungskommissionen ist die Mitwirkung stimmberechtigter Frauen sicherzustellen. In den Berufungskommissionen soll mindestens eine der stimmberechtigten Frauen Professorin sein. Die stimmberechtigte Professorin in den Berufungskommissionen kann auch ein auswärtiges Mitglied sein.

(4) Die Gleichstellungsbeauftragten der Fakultäten, Fachbereiche bzw. zentralen Einrichtungen nehmen als Mitglied mit beratender Stimme teil.

Ihre Stellungnahme ist Bestandteil der Einstellungsunterlagen.

(5) Bei Berufungsverfahren sollen Wissenschaftlerinnen verstärkt als Gutachterinnen angefordert werden.

(6) Die Gleichstellungsbeauftragte der Universität arbeitet als Mitglied in der Berufungsprüfungskommission mit.

4. Fort- und Weiterbildung

(1) Wesentlich für eine wirksame Gleichstellung sind die Fort- und Weiterbildung der an der Universität tätigen Frauen. Deshalb werden Frauen verstärkt zur Teilnahme an Fort- und Weiterbildung motiviert.

(2) Insbesondere für nichtwissenschaftliche Mitarbeiterinnen wird der Ausbau der Fort- und Weiterbildungsangebote über das Fortbildungsprogramm der Universität intensiviert. Es erfolgt die Zusammenarbeit der Fortbildungsbeauftragten der Universität mit den Gleichstellungsbeauftragten der Fakultäten, Fachbereiche und der Verwaltung.

Insbesondere sollen solche Veranstaltungen, die der Perspektive von Frauen, ihren Interessen und ihrer gesellschaftlichen Situation Rechnung tragen, gefördert werden.

(3) Frauen sollen verstärkt als Leiterinnen und Referentinnen für Fortbildungsveranstaltungen gewonnen werden.

(4) Die Fortbildungsveranstaltungen sollen während der Arbeitszeit stattfinden. Bei Fortbildungsveranstaltungen, die außerhalb der Arbeitszeit stattfinden, sind Belange der Teilzeitbeschäftigten sowie Kinderbetreuungsmöglichkeiten zu berücksichtigen. Teilzeitbeschäftigten sind grundsätzlich die gleichen Weiterbildungschancen wie Vollbeschäftigten zu gewähren.

(5) Die Kontrolle obliegt dem Dekan bzw. Fachbereichssprecher in Zusammenarbeit mit der entsprechenden Gleichstellungsbeaufragten. Es soll eine jährliche Berichterstattung im Fakultäts- bzw. Fachbereichsrat erfolgen.

5. Frauen- und Geschlechterforschung

(1) Die Martin-Luther-Universität fördert ideell und materiell den Ausbau der Frauen- und Geschlechterforschung.

(2) Lehrangebote und Forschungsobjekte zu Frauenfragen und zum Verhältnis der Geschlechter sollen - soweit dies den Fachbereichen und Fakultäten fachlich möglich ist - gefördert werden. Dazu gehören u.a.:

(3) Die Universität unterstützt die Anschaffung von Literatur zur Frauen- und Geschlechterforschung und ist bemüht, zu dieser Forschung einen Sammelschwerpunkt zu entwickeln.

6. Bericht zur Situation der Frauen

(1) Die Universität führt, unter Beachtung der datenschutzrechtlichen Anforderungen, eine Statistik, die für die Fakultäten, Fachbereiche, zentralen Einrichtungen und die Verwaltung folgende - nach Geschlecht differenzierte - Zahlenangabe enthält:

(2) Hochschulleitung, Gleichstellungsbeauftragte und Gesamtpersonalrat beraten jährlich die Situation zur Gleichstellung von Frauen und Männern an der Universität sowie notwendige Veränderungen.

(3) Der Senat erörtert alle 2 Jahre aufgrund eines Berichtes der Gleichstellungsbeauftragten der Universität und der Kommission für Gleichstellungsfragen Auswirkungen der Maßnahmen nach Abschnitt A 1. bis 6. und ggf. deren Anpassung an die aktuelle Situation.

Der Bericht wird auf der Grundlage der universitären Statistik erstellt.

7. Vereinbarkeit von Familie, Beruf und Studium

(1) Die Studien-, Lehr-, Forschungs- und sonstigen Arbeitsbedingungen sind so zu gestalten, daß für Erziehende die gleichberechtigte Wahrnehmung der Rechte und Pflichten gewährleistet wird. Insbesondere tragen die Prüfungsordnungen der besonderen Situation von Schwangeren und Eltern mit Kleinkindern Rechnung.

(2) Die Universität erkennt die besondere Belastung der kinderbetreuenden und erziehenden Mitglieder an, daher setzt sie sich für die Betreuung der Kinder von Mitgliedern der Hochschule ein. In Absprache mit dem Studentenwerk und der Kommune strebt die Universität an, Kindereinrichtungsplätze mit bedarfsgerechten Öffnungszeiten zur Verfügung zu stellen.

(3) Einstellungsstops dürfen sich nicht auf Stellen beziehen, die aufgrund des Erziehungsurlaubes vertretungsweise zu besetzen sind.

(4) Zur Verbesserung der Vereinbarkeit von familiären und beruflichen Aufgaben werden Möglichkeiten geschaffen, den im Tarifvertrag (BAT-O § 15b) verankerten Anspruch auf befristete Teilzeitbeschäftigung umzusetzen.

(5) Mitgliedern der Universität, die aus familiären Gründen beurlaubt sind, wird während der Beurlaubung die Möglichkeit angeboten, ihre berufliche Qualifikation durch die Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen zu verbessern und den Wiedereinstieg zu erleichtern. Beurlaubungen aus familiären Gründen dürfen sich nicht nachteilig für berufliche Aufstiegschancen auswirken.

(6) Für wissenschaftliche Mitarbeiterinnen bzw. Mitarbeiter und Qualifikantinnen bzw. Qualifikaten verlängert die Beurlaubung wegen Mutterschutz und Erziehungsurlaub das befristete Dienst- bzw. Arbeitsverhältnis (§ 55 Abs. 4 HG LSA).

8. Sicherheit im universitären Bereich

Die Martin-Luther-Universität stellt sich die Aufgabe, spezifische Gefahrenquellen für Frauen und Männer aufzudecken und zu beseitigen sowie in größtmöglichem Maße Sicherheit in den Räumen und Anlagen zu bieten. Die verantwortlichen Leitungen haben die Einhaltung der Bestimmungen der Gefahrstoffverordnung, des Mutterschutzgesetzes und der Arbeitszeitordnung durchzusetzen sowie die Sicherheitsmaßnahmen für alle Universitätsangehörigen, die Abend- und Spätdienste leisten, auf ihre Wirksamkeit zu prüfen.

Besonders die Beleuchtung der Gebäude und Anlagen ist abzusichern, wenn nötig, sind Bewegungsmelder anzubringen.

9. Sexuelle Belästigung und sexuelle Gewalt

(1) Sexuelle Belästigung ist eine Dienstverletzung und ein Dienstvergehen gemäß § 2 Abs. 2 des Gesetzes zum Schutze der Beschäftigten am Arbeitsplatz vom 24.06.1994 (BGBl. I S. 1412).

(2) Als besonders schwerwiegende Verfehlungen gelten sexuelle Belästigung und sexuelle Gewalt, bei der Abhängigkeitsverhältnisse am Arbeits- oder Ausbildungsplatz ausgenutzt werden.

(3) Alle Angehörigen der Universität, insbesondere solche mit Ausbildungs-, Qualifizierungs- und Leitungsaufgaben, sind in ihrem Arbeitsbereich dafür verantwortlich, daß sexuell belästigendes Verhalten und Gewaltanwendung unterbleiben oder abgestellt werden.

(4) Betroffene haben das Recht, bei sexueller Belästigung und sexueller Gewalt die Vorgesetzten bzw. die Gleichstellungsbeauftragte der Universität oder der Struktureinheit zu informieren. Sie können dies zur Wahrnehmung ihrer Anonymität auch unter Einschaltung einer dritten Person ihres Vertrauens tun.

Benachteiligungen jeglicher Art sind auszuschließen.

B Organisation der Frauenförderung

1. Kommission für Gleichstellungsfragen

(1) Die Gleichstellungsbeauftragte der Universität, deren Stellvertreterin und die Gleichstellungsbeauftragten der Fakultäten, Fachbereiche, zentralen Einrichtungen und Verwaltung bilden die Kommission für Gleichstellungsfragen an der Martin-Luther-Universität.

(2) Die Kommission berät den Senat in Angelegenheiten, welche die Gleichstellung von Frauen und Männern an der Universität betreffen. Zu ihren Aufgaben gehört insbesondere:

(3) Die Kommissionsmitglieder sind für alle Beschäftigten und Auszubildenden in allen die Gleichstellung betreffenden Problemkreisen die Ansprechpartnerinnen.

(4) Die Gleichstellungsbeauftragten der Fakultäten und Fachbereiche und die der zentralen Einrichtungen beraten die Gleichstellungsbeauftragte der Universität.

2. Aufgaben der Fachbereiche und Fakultäten

(1) Die Fachbereiche und Fakultäten der Martin-Luther-Universität sind verpflichtet, Förderpläne in Zusammenarbeit mit der Gleichstellungsbeauftragten des jeweiligen Fachbereichs bzw. der jeweiligen Fakultät aufzustellen.

Der Förderplan der Fakultät, des Fachbereichs bzw. der zentralen Einrichtungen setzt das Frauenfördergesetz in Maßnahmen um und orientiert sich dabei an den Maßnahmen des Gleichstellungsprogramms der Martin-Luther-Universität.

Die Gleichstellungsbeauftragten der Fakultäten und Fachbereiche nehmen beratend an den Fakultätsrats- und Fachbereichssitzungen bzw. entsprechenden Leitungssitzungen der zentralen Einrichtungen teil.

(2) Um Frauen über die Zielvorgaben und ihre Folgen kontinuierlich zu informieren, werden in den Fakultäten und Fachbereichen in Zusammenarbeit mit der Gleichstellungsbeauftragten jährlich Beratungs- und Förderungsgespräche geführt.

3. Gleichstellungsbeauftragte, Gleichstellungsbüro

(1) Die Gleichstellungsbeauftragte berät und unterstützt die Hochschulleitung und die zentralen Gremien in allen die Gleichstellung betreffenden Angelegenheiten und nimmt Anregungen auf. Darin wird sie von der Referentin des Büros für Gleichstellungsfragen unterstützt.

Die Beauftragte ist für alle Mitglieder der Universität in Fragen der Gleichstellung zuständig.

(2) Die Gleichstellungsbeauftragte ist angemessen sachlich und personell auszustatten. Dazu gehören eine Referentin (1/2 Stelle) und eine Schreibkraft (1/3 Stelle).

(3) Das Büro ist räumlich angemessen auszustatten und in einem zentralen Gebäude unterzubringen.

Vom Akademischen Senat am 03.07.1996 verabschiedet.


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