Uni-Halle-Siegel

MARTIN-LUTHER-UNIVERSITÄT  HALLE -WITTENBERG

Amtsblatt
6. Jahrgang, Nr. 2 vom 23. April 1996, S. 7


Presse und Kommunikation

Vom Umgang mit den Medien Ein Leitfaden für alle Mitglieder der Hochschul-Gemeinschaft 

Inhalt:

Vorbemerkung
Über die Medien
Wenn ein Journalist anruft
Was Sie im Gedächtnis behalten sollten
Interviews geben
Tips für TV-Interviews
Was die Pressestelle macht
Grundsätzliches zum Kommunikationsverständnis der Pressestelle



Vorbemerkung (1) Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Martin-Luther-Universität kontakten ständig - bewußt oder unbewußt - mit der Öffentlichkeit und den Medien und arbeiten dabei an der Herausbildung des Images und an der Gestaltung jener Meinungen mit, die die Bevölkerung von der Hochschule hat. Ob Journalisten sich bei Ihnen melden, weil irgendetwas Sensationelles geschehen ist oder weil sie einen Skandal wittern - die Pressestelle steht bereit, um mit Ihnen zu arbeiten. Wir können Grundsätzliches im Vorfeld klären, Rahmenbedingungen aushandeln, bei der Gestaltung Ihrer Botschaft helfen, Sie für ein Interview vorbereiten und bei allen Fragen zu Medienkontakten beraten.

(2) Die Universität ist ein außergewöhnlicher Ort mit außerordentlichen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie Studierenden. Die Pressestelle ist dafür da, aufzuspüren, was unsere Hochschule besonders macht, und sie hat die Aufgabe, das, was sie dabei herausfindet, der Welt mitzuteilen. Das kann bedeuten, eine Forschungsgeschichte für "DIE ZEIT" oder "bild der wissenschaft" zu erzählen, für die regionalen Tageszeitungen und Anzeigenblätter, für Magazine und Illustrierte, für große Fernsehanstalten und den regionalen Sender.

(3) Sie haben diese Geschichten. Unser Job ist es, Ihnen dabei zu helfen, diese Geschichten zu erzählen.

Über die Medien

(1) Journalisten kommen gewöhnlich an die Hoch-schule, weil sie Fakten wollen. Sie wenden sich oft an die Professorenschaft, weil sie Hintergrundmaterial brauchen, um ihren Artikeln die nötige Tiefe zu geben. Trotzdem ist es immer sinnvoll zu fragen, wie die von Ihnen beigesteuerte Information in dem zu publizierenden Beitrag verwendet werden soll.

(2) Medienkontakte können oft nervenaufreibend sein, besonders wenn Sie gebeten werden, ausführlich über Ihr Spezialgebiet zu berichten oder Konfliktsituationen zu kommentieren. Es ist dabei nur natürlich, bohrenden Fragen ausweichen zu wollen und zu hoffen, daß sich das Thema von selbst erledigt und der Reporter verschwindet. Allerdings geschieht dies kaum. Man sollte die Medienvertreter nicht unterschätzen und deshalb Pressekontakten offensiv begegnen.

(3) Bedenken Sie, daß die geplante Story in den meisten Fällen erscheinen wird, ganz gleich, ob Sie mit dem Journalisten zusammenarbeiten wollen oder nicht. Insofern empfiehlt es sich immer, ein Interview als Möglichkeit aufzugreifen, die Erfolge der eigenen Arbeit herauszustellen, Vorurteile abzubauen oder die Umstände ins rechte Licht zu rücken. Journalisten versuchen nicht, die Dinge zu verdrehen, sie sind vielmehr gezwungen, Fakten in bestimmte Kontexte zu stellen. Dabei gehen sie nicht immer so weit in die Tiefe, wie Wissenschaftler es sich wünschen, sei es, weil der Redaktionsschluß naht, weil sie unvorbereitet sind oder befürchten, uninformiert zu erscheinen.

(4) Die meisten Presseleute haben nur recht oberflächliche Kenntnisse von dem, was an der Hochschule geschieht. Und selbst dann, wenn ein bestimmtes Fachgebiet zu ihren Spezialitäten gehört oder gar ihr Steckenpferd ist, sind sie darin dennoch keine Experten. Wenn Sie also als Fachmann den Reporter mit zahlreichen Fakten, Skizzen, Gutachten und wissenschaftlichen Analysen überfrachten, kommt mit Sicherheit eine konfuse Berichterstattung zustande. Der Schlüssel zu einem guten Interview und zu einer angemessenen Berichterstattung ist die Kernaussage Ihrer Botschaft. Tatsächlich haben Sie mehr Kontrolle über das journalistische Ergebnis als Sie denken.

Wenn ein Journalist anruft

(1) Notieren Sie seinen Namen, seine Telefonnummer und die Redaktion oder das Organ, für das er arbeitet.

(2) Fragen Sie zuerst, worum es in der Berichterstattung geht.

(3) Definieren Sie unbedingt die Rolle, die Sie in dem geplanten Artikel spielen sollen.

(4) Stecken Sie die Rahmenbedingungen für das Gespräch ab: Thema, Spezialgebiet, Zeit, Ort und Dauer.

(5) Wählen Sie eine Interview-Umgebung, die Ihnen vertraut und angenehm ist.

(6) Informieren Sie die Universitäts-Pressestelle unter der Rufnummer 55-2 14 24 (Fax: 55-2 70 82, e-mail: n17@zuv.verwaltung.uni-halle.de).

Was Sie im Gedächtnis behalten sollten

(7) Bieten Sie Ihre Zusammenarbeit an: Seien Sie fair, freundlich und sachlich.

(8) Begründete Fragen verlangen begründete Antworten. Falls jedoch eine Frage auf ein Thema außerhalb Ihres Spezialgebietes zielt, sagen Sie es ruhig, und verweisen Sie den Journalisten an die Pressestelle.

(9) Benutzen Sie die "Sprache der Bevölkerung". Es ist einfach, in akademische und technische Fachausdrücke zu verfallen, aber sie führen nicht zu wirkungsvoller Kommunikation mit der Presse. Seien Sie lebendig, knapp und umgangssprachlich. Halten Sie Ihre Sprache also allgemeinverständlich, und sprechen Sie so, als würden Sie den Sachverhalt Ihrem Nachbarn erklären.

(10) Versuchen Sie nicht, etwas zu beschönigen, was nicht zu beschönigen ist: "Haie sind Haie und nicht einfach bloß maritime Lebewesen!"

(11) Ihre Meinungen sind Ihre Meinungen. Wenn Sie sie an die Presse weitergeben, benennen Sie sie als solche.

(12) Erwecken Sie nicht den Eindruck, daß Sie für die ganze Universität sprechen.

(13) Sprechen Sie nicht "off the record". Denn obwohl die meisten Journalisten ehrenwerte Leute sind, ist es besser, Ihnen nur das anzuvertrauen, was Sie anschließend auch gedruckt sehen wollen.

(14) Sagen Sie nie: "Kein Kommentar!" Wenn Sie etwas nicht kommentieren wollen oder können, erklären Sie weshalb. "Kein Kommentar" ist zu einer Phrase geworden, bei der jede journalistische Warnleuchte angeht, die suggeriert, daß etwas vertuscht werden soll.

(15) Deadlines - wir alle haben sie, aber die Journalisten leben mit ihnen. Beantworten Sie telefonische Anfragen sofort, andernfalls ist das Thema für die Presse möglicherweise tot - und man wendet sich nur ungern wieder an Sie. Wenn Sie nicht antworten können oder zuvor erst Fakten zusammentragen müssen, sagen Sie: "Ich rufe Sie gleich zurück." Und tun Sie das dann auch.

(16) Pressekonferenzen sind gemeinhin keine besonders guten Instrumente an Orten ohne Medienvielfalt. Sie bieten sich allerdings an, wenn das Thema Schlagzeilenwert hat und weite Teile der Bevölkerung davon betroffen sein können.

Interviews geben

Vorbereitung

(17) Betrachten Sie das Interview als Chance, Ihre Geschichte zu erzählen oder Ihre Standpunkte klarzumachen. Aber überfrachten Sie einen Termin nie mit zu vielen Themen.

(18) Haben Sie stets vor Augen, daß Ihr Publikum die Öffentlichkeit ist, nicht der Journalist.

(19) Entscheiden Sie, was Sie der Öffentlichkeit über den Gegenstand vermitteln wollen.

(20) Stecken Sie Ihr Thema genau ab. Heben Sie ein Kernthema hervor, oder legen Sie das Augenmerk auf wenige, überschaubare Aspekte.

(21) Bereiten Sie geeignete Beispiele oder Vergleiche vor.

(22) Machen Sie sich Notizen, um leichter Bezüge herstellen zu können.

(23) Bereiten Sie eine Liste möglicher Fragen und kurzer, präziser Antworten vor.

(24) Tragen Sie Material zusammen, das dem Journalisten das Verständnis für die Geschichte erleichtert.

(25) Spielen Sie die Interviewsituation mit jemandem durch, dem Sie vertrauen können.

Während des Interviews

(26) Warten Sie nicht auf die richtige Frage des Journalisten, setzen Sie Ihr Hauptargument mög-lichst früh ein, und wiederholen Sie es.

(27) Seien Sie exakt. Sie können nicht aus dem Kontext geraten, wenn Sie klar, kurz und bündig bleiben.

(28) Wenn eine Frage irrtümliche Informationen enthält, lassen Sie sie nicht durchgehen. Korrigieren Sie sie. Zu schnell setzen sich solche Fehlinformationen fest und werden dann immer wieder reproduziert.

(29) Weichen Sie den Fragen nicht aus. Wenn Sie eine nicht beantworten können, sagen Sie es ruhig.

(30) Lügen Sie nie.

(31) Hüten Sie sich vor hypothetischen Fragen. Lassen Sie sich nicht zu Spekulationen drängen.

(32) Wenn Sie sich nicht sicher sind, wie der/die Reporter/in eine Antwort interpretiert, bitten Sie ihn oder sie, sie Ihnen vorzulesen oder Ihnen zu wiederholen.

Nach dem Interview

(33) Bitten Sie nicht darum, oder erwarten Sie nicht, die Story gegenlesen zu können, bevor sie gedruckt oder gesendet wird.

(34) Seien Sie für Nachfragen verfügbar, ermuntern Sie den/die Journalisten/in, mit weiteren Fragen oder für Klärungen anzurufen.

Nach der Veröffentlichung

(35) Fragen Sie andere, was sie über die Story denken.

(36) Falls die Geschichte gravierende Fehler enthält, wird sich die Pressestelle den/die Reporter/in merken. Nichtkorrigierte Irrtümer werden als Fakten in Folge-Veröffentlichungen wiederholt (s.o. Abs. 28).

(37) Sollte Sie ein/e andere/r Journalist/in anrufen, nutzen Sie den neuen Kontakt als Gelegenheit, Fehler oder Unstimmigkeiten zu korrigieren - oder versuchen Sie gleich, eine neue Story zu "verkaufen".

(38) Sollten Sie mit der Veröffentlichung einverstanden sein, rufen Sie den/die Journalist/in an, und sagen Sie es ihm/ihr, oder schreiben Sie einen Dankesbrief. Zu oft wird dies nicht getan oder für nicht wichtig gehalten.

Tips für TV-Interviews

(39) Bereiten Sie kleine Statements von 20 Sekunden Länge oder weniger zu Ihren wichtigsten Punkten vor, und üben Sie sie.

(40) Kleiden Sie sich so, wie es für die Story angemessen ist. Solide dunkle Töne und einfaches, unauffälliges Design sind am besten. Ein Laborkittel oder eine Arbeitskluft sind wirksame Mög-lichkeiten, die Botschaft zu unterstreichen.

(41) Denken Sie visuell. Schlagen Sie einen entsprechenden Bildhintergrund vor, oder stimmen Sie dem zu.

(42) Beginnen Sie mit dem Interview nicht, bevor Sie sich körperlich rundum wohl fühlen.

(43) Erinnern Sie sich daran, daß das Interview sowohl das enthält, was vor laufender Kamera gesagt wird, als auch das außerhalb Besprochene. Sie könnten paraphrasiert werden und werden dies (meist) auch.

Was die Pressestelle macht

(1) Wir knüpfen persönliche Kontakte zu lokalen, regionalen und nationalen Medienvertretern und -vertreterinnen sowie zu den Pressestellen politisch-parlamentarischer Instanzen, pflegen diese Beziehungen, erneuern sie und bauen sie aus.

(2) Wir geben Ideen für Forschungsreportagen oder Hochschulgeschichten an die Presse (weiter), initiieren Interviews, bereiten sie vor und terminieren sie.

(3) Wir beantworten Anfragen der Medien und der Öffentlichkeit oder vermitteln die geeigneten Gesprächspartner/innen.

(4) Wir planen und koordinieren Pressekonferenzen.

(5) Wir schulen und beraten Wissenschaftler/innen und Mitarbeiter/innen bei der Hervorhebung öffentlichkeitswirksamer Programme, der Verbreitung von (wirtschaftlichen) Entwicklungen, Studienangelegenheiten, Hochschulveranstaltungen und speziel-len Projekten.

(6) Wir schreiben und verteilen Presseinformationen als Grundlage für Nachrichten, Meldungen oder Hintergrundberichte in Zeitungen, Magazinen, TV- und Rundfunksendungen sowie elektronischen Diensten.

(7) Wir erstellen eine Expertendatei für den Journalistengebrauch und sorgen für permanente up-dates.

(8) Wir schreiben und veröffentlichen eine regel-mäßig erscheinende Universitätszeitung, die campusweit verfügbar ist und auch an Ehemalige, Abgeordnete, Presse, Meinungsführer/innen und andere verteilt wird.

(9) Wir beobachten die Medien, sammeln und archivieren Nachrichten über uns und die Hochschullandschaft und fassen sie in täglichen Pressespiegeln zusammen, mit denen wir die interne Öffentlichkeit unterrichten.

(10) Wir erstellen einen Veranstaltungskalender.

Grundsätzliches zum Kommunikationsverständnis der Pressestelle

(1) Die Leitung der Pressestelle ist für alle Kontakte mit den Medien über die die Hochschule betreffenden Angelegenheiten und Veranstaltungen verantwortlich. Die fachkundigen Mitarbeiter/innen der Pressestelle beantworten Auskunftswünsche, helfen, besondere Veranstaltungen voranzubringen und zu kommunizieren, und bieten Beratung für alle Formen der Hochschul-Kommunikation an.

(2) Der Mitarbeiterstab initiiert aber auch den Großteil der Presseanfragen. Sollten Sie dennoch direkt eine Medienanfrage erhalten oder einen Pres-sekontakt wünschen, unterrichten Sie bitte die Pres-sestelle.

(3) Wenn eine Kontroverse entsteht, in die (auch) die ganze Universität verwickelt werden könnte bzw. ist, begreifen wir es als unsere Aufgabe, mit den direkt Betroffenen die weitere Informationspolitik zu beraten oder zu koordinieren.

(4) Alle Hochschulmitarbeiter/innen und Lehr-kräfte sind aufgerufen, die Pressestelle umfassend und umgehend über alle Ereignisse, Veranstaltungen und Entwicklungen zu informieren, bei denen ein bereits in Gang gekommenes oder zu erwartendes Publikumsinteresse besteht.

Halle (Saale), 15.04.1996

(Redaktionell überarbeitetes Material des Workshop "Corporate strategy", Bundestagung der deutschen Hochschul-Pressesprecher/innen 1995 in Aachen.)


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